: Neues Museum soll alt aussehen
Die „Gesellschaft Historisches Berlin“ kritisiert den bereits laufenden Umbau des Neuen Museums als zu modern. Gestern übergab sie dem Bundestag eine Petition
Die Gegner eines modernen Umbaus der Museumsinsel machen mobil. „Wir fordern eine Rekonstruktion des Neuen Museums nach den noch vorliegenden Originalplänen von Friedrich August Stüler“, sagte Gerhard Hoya, Mitglied des Vorstands der Gesellschaft Historisches Berlin (GHB), gestern vor Journalisten. Dafür habe der Verein in den vergangenen zwei Jahren mehr als 14.000 Unterschriften gesammelt. 60 Prominente, unter ihnen Fernsehmoderator Günter Jauch und Verlegerin Friede Springer, haben die Petition unterzeichnet. Gestern wurde sie den Mitgliedern des Bundestags-Petitionsausschusses offiziell übergeben.
Der Hintergrund des Protests: 1998 wurde der englische Architekt David Chipperfield von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) mit der Planung des Wiederaufbaus beauftragt. „Chipperfield rekonstruiert das Neue Museum in seinem Entwurf als Kriegsruine“, kritisiert Hoya. Besonders der neue Entwurf für die Treppenhalle und die Westfassade sowie der geplante gläserne Ergänzungsbau würden nicht einem denkmalgerechten Wiederaufbau entsprechen.
Die Wand der Treppenhalle soll nach Chipperfields Plänen unverputzt bleiben. Das Portal am Kopfende der zwei schlichten weißen Betontreppen, das im Stüler’schen Bau von Koren getragen wurde, soll in der neuen Treppenhalle auf vier schmucklosen quadratischen Säulen liegen. „Dieses neue Portal erinnert mich an einen Nazigalgen, und mit der unverputzten Wand hat man doch das Gefühl, man wäre in einem Kohlenkeller“, sagt Marianne Großmann, Mitglied der GHB. Die Bauarbeiten laufen bereits seit dem Jahr 2004. Gerhard Hoya zufolge könnte aber immer noch auf eine denkmalgerechte Rekonstruktion umgeschwenkt werden.
Die SPK weist die Kritik zurück: „Das Treppenhaus wurde im Zweiten Weltkrieg von einer Brandbombe komplett zerstört. Der Versuch einer originalgetreuen Rekonstruktion ließe die Wertschätzung des glücklicherweise in anderen Teilen des Gebäudes Erhaltenen vermissen. Er wäre ästhetisch zum Scheitern verurteilt“, sagt Sprecherin Stefanie Heinlein. Chipperfields Entwurf koste rund 230 Millionen Euro. Der Behauptung der GHB, dass ihr Vorschlag mindestens 10 Prozent billiger sei, widerspricht sie „klar“.
Die GHB beschäftigt sich seit 1995 mit dem Museum. „Wir haben viele Fachleute zu Rate gezogen und mehrfach mit David Chipperfield diskutiert, aber das hat alles nichts bewirkt“, so Hoya.
Die Petition sei der letzte Schritt. „Wenn sie nichts ändert, können wir nichts mehr machen.“ Über 80 Fachleute werden das Bittschreiben begutachten. „Wir können aber noch nicht sagen, wann ein Ergebnis vorliegen wird“, sagte der Bundestagsabgeordnete Günter Baumann (CDU). SOPHIE DIESSELHORST