Neues Gesetz schützt die Landschaft: Übrig bleibt ein Monument
Umweltschützer enttäuscht über das Gesetz, das "Nationale Naturmonumente" schützen soll: keine Verbesserung des Schutzgedankens.
Der Naturforscher Alexander von Humboldt nannte es das achte Weltwunder, mancher kennt es als die mythologische Heimat des Siegfried-Drachen - nun könnte das Siebengebirge südlich von Bonn als erster Ort in Deutschland "Nationales Naturmonument" werden. Den Titel gab es bisher nur in anderen Staaten, etwa in den USA. Doch jetzt kommt er auch in Deutschland. Das hat am Freitag der Bundestag beschlossen.
Es ist eine der wenigen Neuheiten, die von einer lange und groß geplanten Reform des Umweltrechts übrig geblieben sind. Gedacht war das mal anders. Eigentlich hatten sich Union und SPD im Koalitionsvertrag 2005 geeinigt: Ein Umweltgesetzbuch - ähnlich gestrickt wie das Bürgerliche Gesetzbuch - muss her. Doch der Plan scheiterte am Widerstand Bayerns, und so sind nur wenige Reste geblieben.
Der SPD-Vizefraktionschef Ulrich Kelber zeigte sich am Freitag mit dem neuen Recht - anders als Umweltschützer und Grüne - dennoch zufrieden. Kelber kommt aus Bonn, er wollte die neue Schutzkategorie "Naturmonument" unbedingt. Denn im Naherholungsgebiet der Bonner, im Siebengebirge, wird seit Jahren darüber gestritten, ob die Region rund um den Drachenfels ähnlich wie die Eifel Nationalpark wird. Die einen versprachen mehr Naturschutz, weil es für Nationalparke strikte Auflagen gibt.
Die anderen wehrten ab. Das Gebiet eigne sich nicht, es werde von erholungssuchenden Rheinländern bevölkert und sei mit 4.500 Hektar zu klein für einen Nationalpark, in dem sich Menschen vom Gros der Fläche fernzuhalten hätten.
Kelber versprach, sich für einen Ausweg starkzumachen - das Naturmonument. Er erklärt: "Die Natur ist dabei so gut wie in einem Naturschutzgebiet zu bewahren, die Menschen dürfen aber rein." Die Größe der Region spiele keine Rolle. Der SPD-Mann stützt sich auf die Definition der Internationalen Naturschutzunion. Und er kann seinen Wählern nun eine Lösung für den Zwist am Drachenfels anbieten.
Nur: Der Erfolg für den Politiker ist nicht gleich ein Erfolg für Pflanzen und Tiere, kritisiert Magnus Herrmann, Experte des Umweltverbandes Nabu. Naturmonumente seien zwar "nett", aber sie reichten nicht, um den Umweltschutz zu verbessern. Die Regierung habe gepatzt, ihre eigenen Zeile nicht erreicht.
Das Problem: Bisher stecken die Paragrafen zum Schutz von Pflanzen und Tieren, von Boden, Luft und Wasser in tausenden verschiedenen Gesetzen und Verordnungen. Die Idee, diese in einem Umweltgesetzbuch zu bündeln, damit sie konsequent und einfach zu handhaben sind, ist alt. Die heutige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) setzte sich für sie bereits ein, als sie im Kabinett Kohl noch Umweltministerin war. Doch gegen das Vorhaben, mit dem nun Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) betraut wurde, stemmte sich der bayerische CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer. Das war Anfang des Jahres, acht Monate vor der Bundestagswahl. Es schaffe zu viel Bürokratie, meinte er. Dabei hätte es genau das Gegenteil bewirkt, das sah selbst die Industrie so. Die Kanzlerin griff nicht ein und Gabriel musste abspecken. Darum konnte der Bundestag am Freitag auch nur drei kleine einzelne Reformen auf den Weg bringen, neben der fürs Naturschutzrecht auch eine fürs Wasser- und eine fürs Strahlenschutzrecht.
Darunter sind auch Regeln wie: Wer unter 18 Jahren ist, darf wegen des besonderen Hautkrebsrisikos Sonnenstudios nicht mehr nutzen. Und das Meer wird jetzt auch im Naturschutzrecht geschützt: Wer vor der Küste etwa eine Pipeline oder ein Kabel verlegt und die Natur zerstört, muss dies andernorts in der See wiedergutmachen. Besonderheit für die Windkraft: Wer den Bau der Anlagen bis 2017 genehmigen lässt, ist von der Pflicht ausgenommen, "Ausgleich oder Ersatz zu schaffen", wie Juristen sagen.
Auf dem Lande gilt diese sogenannte Eingriffsregelung schon lange. Sie wird jetzt aber noch laxer formuliert. Künftig ist "besonders auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen". Der Satz ließe sich so interpretieren, dass der Ausgleich unterbleibt, fürchtet Umweltschützer Herrmann. Ihn ärgert, dass den Bauern keine verbindlichen Vorgaben gemacht werden. Herrmann meint jedoch: "Immerhin gibt es jetzt bundeseinheitliches Recht."
Selbstverständlich ist das nicht. Mit der Föderalismusreform bekam der Bund nur eine letzte Frist, das Umweltrecht einheitlich zu gestalten. Hätte der Bundestag die Gesetze nicht verabschiedet, hätte jedes Bundesland für sich ein Gesetz machen können. Herrmann: "Es hätte einen Wettlauf um die niedrigsten Standards gegeben." Allerdings kann der Bundesrat auch noch immer Einspruch einlegen.
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