piwik no script img

Neues Album von Hans NieswandtUnglaubliches Discostück

Der Kölner Hans Nieswandt legt ein neues Album mit 14 geremixten Songs vor. Die Originaltitel sind kaum bekannt, aber zumindest bei Nieswandt klingen sie super.

Musikant, DJ, Schriftsteller und Weltenbummler: Hans Nieswandt. Bild: imago

BERLIN taz | Eigentlich hatte ich in der neuen Wohnung schon fast alles gemacht, was man allein und zu mehreren in einer Wohnung machen kann. Fernsehen, Serien und neue Filme geguckt, Playstation gespielt, Bücher, Zeitungen und Zeitschriften gelesen, gearbeitet, nur eine neue Platte hatte ich hier tatsächlich noch nie gehört.

So war "Hans Is Playing House" mit 14 Remixen von Hans Nieswandt wie ein verspätetes Warm-up für die Wohnung und passte biografisch auch sehr gut: In der vorvorvorletzten Wohnung waren "Achieve The Impossible" und "The House Next Door" von Nieswandts "Lazer Music" häufig zu Gast gewesen und in der letzten hatte ich versucht, mit "Our Body" aus dem Whirlpool-Klassiker "Dense Music" heimisch zu werden.

Eigentlich hörte die Wohnung aber gar nicht so viel von der schönen Platte, auf der der berühmte Kölner Musikant, Produzent, DJ, Schriftsteller und Weltenbummler vor allem deutschsprachige Lieder remixt und discofiziert hat. Genau genommen hörte die Wohnung die Platte zunächst nur halb und ärgerte sich ein bisschen, weil es irgendwie falsch klang. Die Boxen waren nicht wirklich gut und die offenen Fenster mit den Berliner Draußengeräuschen behinderten den Sound. Das fiel schon beim zweiten Stück, dem "DJ Song" von Nieswandts altem Whirlpool-Kumpel Eric D. Clark, auf, das superangenehm relaxt und wie eine Reminiszenz an alte Whirlpool-Zeiten klingt.

Ich wollte nicht lauter stellen, um meine Nachbarn nicht zu ärgern. Die Fenster zu schließen ging aber auch nicht, denn jeder geschlossene Raum ist ein Sarg. An den Schreibtisch konnte ich mich auch nicht setzen, da eine der Boxen auf diesem stand. So dachte ich, "nimm besser die Kopfhörer". Und fing noch mal an.

Und schrieb erst mal, dass Hans Nieswandt prima ist, dass ich ihn als DJ seit den 90ern kenne, dass er eine schöne allwöchentliche Sendung auf WDR 3 hat, dass er Anfang des Jahres mal mit Jürgen Trittin, den er für einen "sehr guten DJ" hält, zusammen aufgelegt hatte, mit seinem Buch "DJ Dionysos" (KiWi) durch die Gegend gurkte, dass er in "plus minus acht" (KiWi) sehr schön beschrieben hatte, wie das war, als "From Disco to Disco" in Italien die Nummer eins war und Eric D. Clark, Justus Köhncke und Hans Nieswandt irgendwie in der Art der "Drei Besoffskis" rezipiert worden waren, dass er in diversen Ländern fürs Goethe-Institut deutsche Kultur repräsentiert hatte, dass seine Homepage gerade renoviert wird und mit Vogelzwitschern startet.

Dass mir zunächst gar nicht klar war, um was es geht, als ich mir "Hans Is Playing House" besorgt hatte; ich hatte Remakes von bekannten Stücken erwartet und kannte dann nur ein einziges. Nämlich "Mama Baby Joe" von Die Zimmermänner, das irgendwann Mitte der 80er, glaube ich, zum ersten Mal erschienen war und auf der Comebackplatte der Zimmermänner von 2007 auch mit drauf ist. Ein unglaublich komisches Discostück mit großartigen Zeilen wie "Mama tut mir weh, Joe ist nicht okay, Babys gonna away", das in Nieswandts Interpretation etwas housiger und sozusagen fetter klingt als das Original. Es ist eins der wenigen Stücke, die im Original schon Disco sind. Die anderen Lieblingslieder befreundeter Musikanten wie Jens Friebe, Werle & Stankowski, Jakönigja, Universal Gonzales, Barbara Morgenstern oder Festland sind im Original Chansons oder Schlager.

Teils hat Nieswandt den Text zerhackt und verwendet nur Fragmente, teils lässt die Discofizierung den Text bestehen wie bei Barabara Morgenstern und Jakönigja. Manches klingt nach Hildegard Knef, wie "Verkaufen" von Universal Gonzales, manches beschwört schöne Housemusik der 90er, wie "Cologne" von Werle & Stankowski, manches ist romantisch, wie "Wie ich den Edit verfluche" von Jakönigja, und der Remix von "Sirenen" der Essener Band Festland ist einfach toll, ein schöner Ohrwurm und würdiger Abschluss des Albums.

Hans Nieswandt: "Hans Is Playing House" (Bureau B)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • T
    Thomas

    Nachdem sich Hans Nieswandt Mitte der 90er Jahre bei einer Diskussion in der Universität Oldenburg über das Phänomen Techno Musik als völlig sachunkenntlich herausgestellt hat, ist dieser "Musiker" nicht mehr auf meiner musikalischen Agenda.

  • V
    Valentin

    ...also, ich hab mir das mal auf Amazon angehört.

     

    Tja, tut mir leid, ok. ich bin 55, aber ich weiß nicht... Fällt mir schon verdammt schwer, das noch als Musik zu akzeptieren. Und ich gehe viel tanzen, frei tanzen wohlgemerkt. Und natürlich kann man zu diesen Maschinenrhythmen auch hin- und herwackeln. Aber sonst...

     

    Da fehlt doch einfach jegliche Seele in dieser Musik, der Soul...

     

    Da hat jedes Stück von den Egerländern mehr Soul. Arme Jugend...

     

    Tut mir echt leid.

     

    Valentin