Neuer Trainer der deutschen Skispringer: Von Österreich lernen
Gregor Schuster heißt die neue Hoffnung der deutschen Skispringer. Der Trainer-Import aus der Schweiz soll die lahmen DSV-Adler mit finnischen Methoden wieder zum Fliegen bringen.
Bei der Vierschanzentournee hat Toni Innauer, der Skisprungchef der Österreicher, erzählt, wie schwer es ihm gefallen sei, den begabten Trainer Werner Schuster in die Schweiz abwandern zu lassen. Aber man habe dem aufstrebenden Coach die Chance nicht verbauen wollen, als Cheftrainer internationale Erfahrung zu sammeln. Der österreichische Verband ist nicht nur reich an talentierten und erfolgreichen Skispringern, sondern auch an engagierten und top ausgebildeten Trainern. Schuster hat zuvor am Ski-Internat Stams gearbeitet, dort übte zum Beispiel ein gewisser Gregor Schlierenzauer unter seiner Anleitung. Im Nationalteam angekommen, ist Schlierenzauer mittlerweile zum jüngsten Skiflugweltmeister avanciert und glänzt als gerade einmal 18-Jähriger mit Beständigkeit und Erfolg.
Jetzt ist Schuster, 38, weitergewandert und soll künftig die deutschen Springer zu neuen Höhenflügen animieren. Bis 10. April muss er ein Konzept erstellt haben und am 1. April hat er seinen ersten Pressetermin als neuer Angestellter des Deutschen Skiverbandes (DSV).
Innauer dürfte dieser neuerliche Wechsel kaum gefallen. Schon etliche österreichische Trainer sind nach Deutschland an die Stützpunkte gewechselt, mit bisher mäßigem Erfolg. Jene Trainer hätten nicht diese ganz spezielle österreichische Springerkultur verinnerlicht, hatte Austrias Cheftrainer Alexander Pointner süffisant angemerkt.
Schuster dagegen steht für diese Kultur: Gemeinsam mit Pointner war er Trainerlehrling, als Mika Kojonkoski, der als Bester der Branche gilt, vor einigen Jahren in Österreich als Nationaltrainer tätig war. "Wir haben viel von ihm gelernt", sagt Schuster. Als langjähriger Jugendtrainer im Ski-Internat von Stams kennt er das erfolgreiche österreichische Nachwuchskonzept in- und auswendig. Er beherrscht die ausgefeilte Technikschule, die Österreichs Springer seit Jahren zu den Besten der Welt gehören lässt. Damit exportiert er das exklusive und erfolgreiche österreichische Skisprungwissen nicht mehr zu den freundlichen Schweizern, sondern nach Deutschland, wo man es jahrelang versäumt hat, eigene Konzepte zu entwickeln.
In der Schweiz hatte Schuster kaum Chancen zu Bewährung. Die dortigen Stammkräfte Andreas Küttel und Weltmeister Simon Ammann erreichten im vergangenen Winter immerhin einen Sieg und vier Podestränge.
Den Verantwortlichen im Deutschen Skiverband (DSV) ist ohne Frage ein überraschender Coup gelungen. Gegen Saisonende Anfang März schien alles noch auf Andreas Bauer, Skisprungtrainer der Kombinierer, hinauszulaufen. In Fernsehinterviews durfte er schon Konzepte entwerfen - um jetzt doch bei den Kombinierern bleiben zu dürfen. "Schuster war der Wunschkandidat", sagt DSV-Präsident Alfons Hörmann. Und artig sagt Schuster: "Verantwortlicher Skisprungtrainer in Deutschland zu sein, ist sicherlich der Traum eines jeden Coaches. Ich bin stolz, dieses Amt zu übernehmen." DSV-Generalsekretär Thomas Pfüller lobt den Neuen als strukturiert denkenden Menschen und fühlt sich dabei sogar ein wenig an Reinhard Heß erinnert. Die Ära des kürzlich verstorbenen Ex-Bundestrainers gilt als Synonym für die gute alte, erfolgreiche Zeit des deutschen Skisprungs. Hörmanns Vorgabe ist eindeutig, Schuster solle ein Team aufbauen, "das Deutschland wieder zu einer Skisprung-Größe macht". Unter der Regie des glücklosen Peter Rohwein sind die Springer zu Mittelklasse-Athleten geschrumpft.
Im Sog der Schuster-Verpflichtung hat der DSV noch eine weitere, eigentlich nicht minder spannende Personalie bekanntgegeben: Rudi Tusch, bisher sportlicher Leiter und für Experten nicht unschuldig am Dilemma der Skisprung-Abteilung, ist seinen Posten los. Horst Hüttel, sportlicher Leiter für die zuletzt ungleich erfolgreichere Sparte nordische Kombination, übernimmt nun auch die Verantwortung für die Skispringer. Eine interessante Wendung im Gefüge des Verbandes ist das, galten doch jahrelang die Skispringer als verhätschelte Lieblingskinder, während die Kombinierer über ihr Dasein im Schatten der Spezialisten klagten und sich ihre Erfolge mühsam erarbeiten mussten. Und jetzt darf einer der ihren - Hüttel war früher Kombinierer im Nationalteam - den Springern aus dem Tal helfen.
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