Neuer Schlag gegen Gülen-Bewegung: Erdogan zieht die Terroristen-Karte
Der türkische Präsident will die Gülen-Bewegung als terroristische Organisation einstufen. Damit kann er noch rabiater gegen seine Widersacher vorgehen.

Gülen-Anhänger dürfen künftig nicht mal mehr protestieren Foto: dpa
ISTANBUL rtr | Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will die religiöse Bewegung seines Widersachers Fethulla Gülen zur terroristischen Gruppierung erklären lassen. Das Kabinett habe die Entscheidung gebilligt, die Anhänger des Geistlichen als „Gülentistische Terror-Gruppe“ einzustufen, sagte Erdogan am Dienstag in Izmir. Damit wird sie auf eine Stufe mit kurdischen Extremisten gestellt, die von der türkischen Armee im Südosten des Landes bekämpft werden.
„Sie werden zur Verantwortung gezogen werden“, kündigte Erdogan vor fahnenschwingenden Anhängern an. „Manche sind geflohen, manche sind im Gefängnis, manchen wird der Prozess gemacht. Dieses Vorgehen wird fortgesetzt.“
Erdogan hat sich mit seinem ehemaligen Verbündeten Gülen 2013 entzweit, als Polizisten und Staatsanwälte, die der Gefolgschaft des Geistlichen zugerechnet werden, mit Korruptionsvorwürfen gegen den inneren Zirkel Erdogans ermittelten. Auf Erdogans Initiative gingen Sicherheitsbehörden massiv gegen die Gülen-Bewegung vor. Ihr nahestehende Firmen wurden geschlossen oder übernommen, eine Bank würde besetzt, Hunderte Menschen wurden verhaftet.
Gülen selbst lebt im selbstgewählten Exil in den USA. Erdogan wirft ihm vor, ihn mit einem Netzwerk von Unterstützern in Medien, Justiz und Bildungseinrichtungen stürzen zu wollen. Gülen weist die Vorwürfe zurück.
Leser*innenkommentare
Breitmaulfrosch
Vergleichen wir doch mal die Türkei von vor 5 Jahren mit der Türkei von jetzt:
vor 5 Jahren: Freundschaft mit Assad, ganz gutes Verhältnis zu Israel, Friedensprozess mit den Kurden, verbündet mit der Gülen-Bewegung, wirtschaftliche Projekte mit Russland.
heute: völliges Scheitern der Syrienpolitik, Krieg mit den Kurden, Kontaktabbruch mit Israel, Stopp der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Russland, schlechtes Verhältnis zu Ägypten, Konflikt mit der Gülen-Bewegung. Auch in seiner eighenen Partei hat er mittlerweile viele frühere Weggefährten verloren.
Erdogans einzige verbliebene Trumpfkarte ist der Flüchtlingsdeal mit Europa. Wenn er den auch noch versiebt, ist er weg vom Fenster. Angela Merkel spricht ihm ja bereits dauernd ihr Vertrauen aus ...
CäptnTrips
> Wenn er den auch noch versiebt, ist
> er weg vom Fenster.
Nö, die türkische Zivilgesellschaft schafft sich selbst ab. Die Mehrheit der Türken steht hinter Erdogan.