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Neuer Regent für die Türkei

■ Präsident Süleyman Demirel beauftragt den parteilosen Yalim Erez mit Regierungsbildung

Ankara (dpa/AFP/taz) – Gestern wurde Yalim Erez beauftragt, eine neue Regierung in der Türkei zu bilden. Sein Vorgänger Bülent Ecevit hatte sich fast drei Wochen lang vergebens um die Bildung einer neuen Koalition bemüht. Am Montag warf Ecevit das Handtuch. Gerüchte, daß der ehemalige Industrieminister Erez nun mit dem Auftrag betraut wurde, erhärteten sich schnell. Gestern nachmittag wurde der Geschäftsmann zu einem 30minütigen Gespräch mit Staatspräsident Süleyman Demirel in den Präsidentenpalast in Ankara gebeten.

Anschließend sagte der 54jährige, er wolle sich um eine Koalition des Konsenses und des Dialogs auf breiter Basis bemühen. Als erster Verhandlungspartner wurde der Vorsitzende der islamistischen Tugendpartei, Recai Kutan, gehandelt. Seine Partei stellt die größte Fraktion im türkischen Parlament. Danach werde Erez mit allen Parteichefs in der Reihenfolge ihrer Fraktionsstärke zusammenkommen.

„Ich stehe in gleichem Abstand zu allen Parteien im Parlament“, sagte der parteilose Ex-Minister. Bei der Bildung der konservativen Regierung unter Mesut Yilmaz im Juni 1997 hatte er eine bedeutende Rolle gespielt und wurde Industrie- und Handelsminister. Die Drei-Parteien-Koalition wurde vor einem Monat wegen „Verbindungen zur Mafia“ per Mißtrauensvotum vom Parlament abgesetzt. Bei den Parlamentswahlen 1995 errang Erez einen Abgeordnetensitz noch als Kandidat der konservativen Partei des Rechten Weges unter Tansu Çiller. Doch aus Protest über deren Allianz mit der islamistischen Wohlfahrtspartei trat Erez zwei Jahre später aus.

Bevor Erez in die Politik einstieg, begann er seine Karriere als Vorsitzender der mächtigen Vereinigung der Handelskammern und Börsen (TOBB). Falls er eine neue Regierung zustande bringt, dürfte er Privatisierungsprojekten neue Impulse geben. Die fünf führenden Organisationen von Arbeitgebern und Gewerkschaften haben ihm gestern bereits ihre Unterstützung zugesagt. Erez wäre der erste Regierungschef kurdischer Abstammung. pipe

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