piwik no script img

Neuer Minister in RumänienHolocaustleugner in der Regierung

Dan Sova ist das neueste Mitglied im rumänischen Kabinett. Seine Ernennung ist fragwürdig, denn er leugnet das Pogrom gegen rumänische Juden im Jahr 1941.

Dan Sova wird eingeschworen. Bild: Gov.ro

Dan Sova ist der Sonnyboy unter den rumänischen Sozialdemokraten (PSD). Seit Montag ist er auch Mitglied im sozial-liberalen Kabinett von Premier Victor Ponta, und zwar als Delegierter Minister für Beziehungen der Regierung zum Parlament.

Als Hätschelkind der PSD und Freund des Regierungschefs war diese Berufung ebenso wenig eine Überraschung wie seine vormalige Ernennung zum Sprecher der Partei. Allerdings musste der 1973 geborene Sova, der seit 2008 auch als Senator ein Parlamentsmandat hat, seine Tätigkeit als PSD-Sprecher aufgeben.

In einer im März ausgestrahlten Talkshow hatte er die antisemitischen Gräueltaten der Soldateska des faschistischen Militärdiktators und Hitlerverbündeten Ion Antonescu geleugnet. Als redegewandter Jurist und Absolvent der Bukarester Fakultät für Geschichtswissenschaften fühlte er sich berufen, dem TV-Publikum die Sage von der unbefleckten rumänischen Vergangenheit aufzutischen.

In der ostrumänischen Stadt Iasi, erklärte der smarte unverheiratete Politaufsteiger, habe es 1941 kein Pogrom gegeben. Damals seien bloß 24 rumänische Bürger jüdischer Abstammung von deutschen Soldaten getötet worden. Wortwörtlich sagte er: „Auf dem Gebiet Rumäniens wurde keinem Juden Leid zugefügt. Das ist ein Verdienst Antonescus.“ Bei dem Pogrom in Iasi wurden 13.000 Juden bestialisch ermordet.

Gegen die revisionistischen Ausführungen von Sova protestierten mehrere Bürgerrechtsgruppen. Die Romaorganisation Romani Criss und das MCA (Zentrum zur Bekämpfung des Antisemitismus in Rumänien) stellten gegen den Senator Strafanzeige wegen Holocaustleugnung.

Wegen der Affäre war die PSD genötigt, sich von Sovas Aussagen zu distanzieren. Der unter Zugzwang geratene Anwalt entschuldigte sich auf seinem Blog halbherzig und erklärte, man habe ihn falsch verstanden. Um die Karriere seines Freundes nicht zu gefährden, schickte ihn Parteichef Ponta nach Washington, um sich im dortigen Holocaustmuseum über die Vorgänge zu informieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • N
    noevil

    Nun fängt so ein "Jüngelchen" auch noch damit an.

     

    Es führt die Scham derjenigen ad absurdum, die nur allzugern diese Leugnung übernommen hätten. Wäre da nur nicht das selbst Erlebte und die kaum erträgliche Scham ihnen ins Gesicht geschrieben gewesen - und eine religiöse Erziehung, die ihnen verbot, die eigenen Kinder ob deren unschuldigen bangen Fragen nach einer Zeugenschaft anzulügen, dass es die Feigheit war, die sie schweigen ließ.

     

    Wer wie ich, selbst in das zerquälte Gesicht eines - ach noch so kleinen - Mitläufers geblickt hat, der weiss, dass es stimmt, was dumme Buben so frech leugnen.

     

    Dieses Gesicht eines Menschen, der für den Rest seines Lebens meinte, allein die ganze Last der Schuld tragen zu müssen und letztlich daran zerbrach, es hat mich verpflichtet, jedem vehement zu widersprechen.

  • W
    Wendehals

    Eine parlamentarische Demokratie ist halt keine Kuschelveranstaltung.

  • V
    @Viccy

    Wenn man von "Bombenholocaust" faselt gibt man zu, daß es einen Holocaust gegeben hatte, obwohl man ihn zuvor verleugnete.

  • H
    Harald

    @viccy

     

    Der "ganze" Holocaust setzt sich aus einer Unzahl "singulärer Ereignisse" zusammen, deren Gemeinsamkeit die verbindende faschistische Ideologie des Judenhasses ist. Sämtliche Pogrome der Zeit des WKII werden deshalb seither als Holocaust bezeichnet, dem dieser gemeinsame Vernichtungswille, das europäische Judentum auszurotten, zugrunde liegt.

     

    Jetzt könnte natürlich eingewendet werden, die in Iasi 13.000 bestialisch ermordeten Juden sind im Vergleich zur Gesamtzahl der 6.000.000 Ermordeten eine vernachlässigenswerte Größe.

     

    Für diese globale, relativierende Denkschule ist es deshalb üblich geworden, den Holocaust als solchen abzustreiten, da dieser ja, wenn überhaupt, nur aus einzelnen Sonderbehandlungen bestand, die, wenn überhaupt, von anderen begangen wurden.

  • V
    viccy

    Leugnet man jetzt schon den ganzen Holocaust, wenn man nur ein singuläres Ereignis abstreitet?