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Neuer Kapitän bei der SPD gesucht

■ Nach Staffelt-Rücktritt von Parteiämtern wird über Nachfolger spekuliert / Klaus Böger als neuer Fraktionschef?

Während Ditmar Staffelt gestern mit erleichtertem Gesicht durch die Flure des Abgeordnetenhauses ging, zerbrachen sich seine Genossen derweil den Kopf über den künftigen Kurs. Soll der schwere Tanker SPD mit seiner häufig zerstrittenen Mannschaft nun weiter mit einem Kapitän geführt werden? Die Stimmung in der Fraktion deutete auf einen Kurswechsel hin. „Ich würde es begrüßen, wenn künftig die Landes- und Fraktionsführung getrennt werden“, meinte gegenüber der taz der parlamentarische Geschäftsführer Helmut Fechner, der vor zwei Jahren noch die Bündelung der Funktionen unterstützt hatte. Es sei besser, den künftigen Fraktionsvorsitzenden „zu entlasten“.

In den Führungszirkeln der Fraktion kristallisiert sich seit gestern Klaus Böger als künftiger Chef der Fraktion heraus. Der 49jährige kommt zwar aus dem konservativen Kreisverband Steglitz, gilt aber als Mann, der integrieren kann. Staffelts Stellvertreter in der 76köpfigen Fraktion ist seit geraumer Zeit als Fachmann für die von den Sozialdemokraten forcierte Länderehe zwischen Berlin und Brandenburg zuständig. Einem Thema, das nach dem vorsichtigen Abrücken einiger CDU-Spitzenpolitiker vom geplanten Fusionstermin 1999 im Wahlkampf des nächsten Jahres eine zentrale Rolle spielen dürfte. Dem ebenfalls ins Gespräch gebrachten leitenden parlamentarischen Geschäftsführer Horst-Achim Kern werden kaum Chancen eingeräumt, und er soll, so hieß es gestern, selbst auch keine Ambitionen auf das Amt haben. Die verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion, Käthe Zillbach, favorisiert ebenfalls Böger. Er gehöre zu jenen Personen in der Partei, die „nach vorne blicken“. Auch sie plädiert für ein Splitting der Posten und verweist auf die „schlechten Erfahrungen“, die die SPD mit der zeitweiligen Ämterhäufung unter Momper und Staffelt gemacht habe. Dies sei „langfristig kein Modell für die Partei“. Die bislang einzige Spitzenkandidatin für die Mitglieder-Urwahl, Sozialsenatorin Ingrid Stahmer, versicherte gestern, sie stehe nicht für das Amt des Landesvorsitzenden zur Verfügung. Sie habe die Konzentration mehrerer Ämter noch nie gut gefunden. Ihr Wunsch: Man sollte in einem Team arbeiten.

Die Spekulationen um mögliche Kandidaten für den neuen Parteivorsitzenden, der voraussichtlich auf einem Sonderparteitag im Dezember gewählt wird, wurden gestern munter weitergenährt. Neben dem Reinickendorfer Bezirksbürgermeister und Parteilinken Detlef Dzembritzki, der das Amt kommissarisch leitet und sich kürzlich als Gegner eines zentralen Landesschulamtes mit Staffelt angelegt hatte, wurde auch der stellvertretende Bundesvorsitzende Wolfgang Thierse ins Gespräch gebracht. Dieser versicherte gestern gegenüber dpa, sein Arbeitsschwerpunkt liege in Bonn und im Bundestag. Allerdings könne er sich eine Berliner Troika aus Landeschef, Fraktionsvorsitzendem und Spitzenkandidaten vorstellen. Die Voraussetzung dafür sei, daß sie „sich untereinander verstehen“ müßten.

Als Gegenkandidatin zu Stahmer brachte gestern Fechner die Ostberliner Arbeitssenatorin Christine Bergmann ins Spiel. Es könnte die SPD „auszeichnen, wenn zwei Frauen gegeneinander antreten“, meinte er gegenüber der taz. Schließlich störe es ja auch niemanden, wenn „zwei Männer bei der Wahl um Parteiämter konkurrieren“. Severin Weiland

Siehe auch Seite 19

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