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Neuer Impfstoff gegen HIVSchritt für Schritt zum Antikörper

Ein neues Impfverfahren für HIV scheint zu funktionieren – zumindest in Tierversuchen. Bis zum Impfstoff für Menschen bleibt dennoch ein weiter Weg.

In Tiermodellen gibt es bereits positive Ergebnisse mit einem neuartigen Impfverfahren Foto: Ivan Kuprevich/imago

Vor mehr als 40 Jahren entdeckten For­sche­r*in­nen das HI-Virus. Eine Infektion kann unbehandelt zu einer AIDS-Erkrankung führen. Mit seiner Entdeckung begann auch die Suche nach einem Impfstoff, der eine Infektion verhindern kann. Bislang erfolglos, doch jetzt präsentieren For­sche­r*i­nnen einen möglichen neuen Weg zum Impfstoff.

Gleich vier Studien, die in den Journalen Science, Science Translational Medicine und Science Immunology erschienen sind, vermelden in Tiermodellen positive Ergebnisse mit einem neuartigen Impfverfahren.

Die Studien

Die Entwicklung eines HIV-Impfstoffs ist schwierig, denn das Virus weist eine große genetische Variabilität auf, verändert sich also immer wieder. Eine wirksame Impfung muss das Immunsystem deswegen dazu befähigen, eine Vielzahl von Varianten des Virus zu erkennen und zu bekämpfen.

In vier Studien testeten For­sche­r*in­nen dazu ein neues Impfverfahren. Dabei soll das Immunsystem dazu gebracht werden, breitneutralisierende Antikörper zu bilden. Neutralisierende Antikörper binden sich an Proteine auf der Oberfläche von Viren und verhindern so, dass diese in die Wirtszellen eintreten können. Breitneutralisierende Antikörper binden sich an besonders viele Varianten eines Erregers, funktionieren also wie eine Art Generalschlüssel.

Um das Immunsystem dazu zu bringen, so einen Generalschlüssel für möglichst viele HIV-Varianten zu produzieren, sind mehrere Schritte nötig: Zuerst aktivieren die For­sche­r*in­nen gezielt die Zellen, die breitneutralisierende Antikörper produzieren können. Danach verabreichen sie mehrere Booster in einer bestimmten Reihenfolge. Diese enthalten spezifische Antigene – das sind Substanzen, die eine Immunantwort auslösen – die schrittweise die Reifung der entsprechenden Zellen beeinflussen. In Tiermodellen konnten die For­sche­r*in­nen so die Produktion von wirksamen Antikörpern erreichen.

Was bringt’s?

Obwohl die Behandlung und Prävention von HIV-Infektionen immer besser werden, gab es 2023 weltweit 1,3 Millionen Neuinfektionen. 630.000 Menschen starben an der Folgekrankheit AIDS. Mit einer wirksamen Impfung könnten Leben gerettet werden. Bis dahin ist es aber noch ein sehr weiter Weg.

Die For­sche­r*in­nen müssen jetzt nachweisen, dass die Ergebnisse aus den Tiermodellen auf Menschen übertragbar sind. Offen ist auch, wie lange die Antikörper im Körper verbleiben, wie lange eine Impfung also wirksam wäre und ob das Verfahren mit den vielen Boostern in der Praxis gut umsetzbar ist.

Die Forschungsergebnisse sind trotzdem auch für die Entwicklung von anderen Impfstoffen interessant. Sollte sich das Verfahren bewähren, könnte es beispielsweise auch bei der Impfstoffentwicklung für Hepatitis-C-Viren erprobt werden.

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2 Kommentare

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  • Das sind sehr gute Neuigkeiten! Vielleicht sollte noch erwähnt werden, dass HepC ein ähnlicher Killer wie AIDS ist - Präser machen also immer aus mehreren Gründen gewaltig Sinn. Wikipedia: "About 1.5 million people are infected per year, and about 290,000 people die yearly from hepatitis C–related diseases, mainly from liver cancer and cirrhosis"



    Allerdings is HepC kein Retrovirus, so wie HIV, kann sich also nicht im Genom verstecken. Wieso bedarf es hier ähnlicher Tricks wie bei HIV?

    Schön auch, dass hier anscheinend wieder neue Strategien in der Impfstoffentwicklung ausreichend getestet werden sollen - so wie es eigentlich auch seit Dekaden als absolut notwendiger Standard angesehen wird (bei anderen neuen Impfstoff Strategien in jüngster Vergangenheit wurde das meines Erachtens nicht ausreichend gemacht)

    • @Werner2:

      Die "Tricks" sind nicht wegen der Integration von HIV ins Humane Genom nötig, sondern wegen seiner hohen Mutationsrate.



      Die RNA-Polymerase von HCV scheint auch nicht besonders sorgfältig vorzugehen.