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Neuer Bahn-Chef GrubeWieder ein Luftfahrtexperte

Die Koalition einigte sich auf einen Nachfolger für Bahn-Chef Mehdorn: Es ist der Manager Rüdiger Grube. Er arbeitet für Daimler und EADS - und war einst Büroleiter von Mehdorn bei Airbus.

Rüdiger Grube, noch Vorstand bei Daimler und Chairman von Eads, wird neuer Bahn-Chef. Bild: ap

BERLIN dpa Der bisherige Daimler-Manager Rüdiger Grube soll nach dem Willen der Bundesregierung neuer Bahn-Chef werden. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) werde den 57-Jährigen dem Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG vorschlagen, teilte das Ministerium am Donnerstag mit. Grube soll auch Vorstandsvorsitzender der DB Mobility Logistics werden, "um so den integrierten Konzern auch in der Leitungsstruktur fest zu verankern".

Der Personalvorschlag sei mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) abgestimmt, teilte das Tiefensee-Ministerium weiter mit. Der langjährige Bahnchef Hartmut Mehdorn hatte wegen der Datenaffäre in dem bundeseigenen Konzern am Montag seinen Rücktritt angekündigt.

Der 57 Jahre alte Grube ist seit 2001 Vorstandsmitglied beim Autokonzern Daimler und leitet die Sparte Konzernentwicklung. Er ist außerdem Vorsitzender des Verwaltungsrates beim Luft- und Raumfahrtkonzern EADS. Tiefensee traf sich den Angaben zufolge am Mittwoch mit Grube und informierte den Aufsichtsrat der DB AG.

Anschließend sprach der Minister mit den Spitzen der Bahngewerkschaften. Der Personalausschuss des Bahn-Aufsichtsrates werde sich noch am Donnerstag mit der Personalangelegenheit befassen.

Am Rande des G20-Gipfels in London sagte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) dem Sender hr-iNFO: "Ich weiß von vielen Daten, die wir erhoben haben, dass er ein glänzender Manager ist. Er steht nicht im Verdacht, die Bahn zu repolitisieren."

Koalition streitet um die Urheberschaft

Die Spindoktoren beider Koalitionsfraktionen versuchten bereits, die neue Personalie als ihren Erfolg zu deklarieren: Während jemand der Financial Times Deutschland erzählt hat, der Personalvorschlag stamme von Vizekanzler Steinmeier, hat wer anders der Bild-Zeitung erzählt, Kanzlerin Merkel habe Grube ins Gespräch gebracht.

Unklar ist, wie lange Mehdorn noch im Amt bleiben wird. Der Vorstandschef muss mit mit dem Aufsichtsrat noch einen Auflösungsvertrag aushandeln.

Der von der Bundesregierung offiziell als Bahn-Chef vorgeschlagene Rüdiger Grube sieht sich selbst als "hanseatischen Kaufmann". Das bedeute, er bevorzuge Offenheit und Klarheit. Diese Haltung dürfte ihm nach Ansicht von Beobachtern einst auch den Job als DaimlerChrysler-Vorstand gerettet haben.

Luftfahrtmann Grube

Als Unternehmensstratege musste Grube die letztlich nicht geglückten Pläne des damaligen Daimler-Chefs Jürgen Schrempp - von der Chrysler-Fusion bis zum Einstieg in Japan - in die Praxis umsetzen. Als Schrempp 2005 das Handtuch warf, galt "Schrempp-Mann" Grube bei nicht wenigen Experten als erster Kandidat für eine Ablösung. Doch der neue Chef Dieter Zetsche erkannte Fachkenntnis, Fleiß und Geradlinigkeit Grubes an, dessen Vertrag als Vorstand bis 2010 vorzeitig verlängert wurde.

Der 57-Jährige und der bisherige Bahn-Chef Hartmut Mehdorn (66) sind alte Bekannte. Sie kennen sich aus der gemeinsamen Zeit beim Flugzeugbauer Airbus in Hamburg - Mehdorn war von 1989 bis 1992 Vorsitzender der Geschäftsführung, Grube leitete sein Büro.

Begonnen hatte Grubes Karriere beim Luft- und Raumfahrtunternehmen Messerschmidt-Bölkow-Blohm MBB.

Grube, der sich noch gern an die ersten Udo-Lindenberg-Auftritte während seiner Hamburger Studentenzeit erinnert, konnte sich auch nach dem Platzen der Idee der "Welt AG" bei DaimlerChrysler über Mangel an Arbeit nicht beklagen.

Zusätzlich zur Strategie und Unternehmensplanung kümmert er sich um die Ankurbelung des Geschäfts in China, leitet die IT-Sparte mit 6000 Mitarbeitern und setzte Zetsches Strategie der Konzentration aufs Autogeschäft mit dem Verkauf des Dieselmotorenbauers MTU um.

Auch die Trennung von Chrysler wurde im wesentlichen von Grube operativ begleitet. Als 2007 beim Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS, bei dem Daimler einer der Großaktionäre ist, die Doppelspitze abgeschafft wurde, ernannte ihn der Verwaltungsrat zum alleinigen Vorsitzenden.

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12 Kommentare

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  • P
    Patrick

    Was soll eigentlich diese Bemerkung von Herrn Steinmeier "Er steht nicht im Verdacht, die Bahn zu repolitisieren."?? Das soll heißen schön weiter wie bisher? Er würde nicht etwa auf den Gedanken kommen das die Bahn nicht nur ein Wirtschaftsunternehmen ist, sondern auch eine soziale Bedeutung hat?

     

    Und dass ausgerechnet jemand aus der Flugzeug- und Autobranche an der Spitze der Bahn stehen muss ist doch unglaublich, das hat mich schon bei Mehdorn genervt. Der Herr Grube steht doch in direkter Verbindung mit Personen die ein reges Interesse daran haben das die Bahn niemals zu einem ernsthaften Konkurrenten für Auto und Flugzeug wird.

     

    Ich wäre dafür dass endlich die Mehdornsche Preispolitik wieder abgeschafft wir und die Bahn endlich wieder ihre Vorteile ausspielen kann: Jederzeit verfügbar und billig. International gesehen ist die deutsche Bahn viel zu teuer. Es kann nicht sein dass es billiger ist zu fliegen innerdeutsch als mit dem Zug zu fahren. Besteuerung von Kerosin und Preissenkung bei der Bahn!

  • MM
    Mann mit Zukunft

    Da hat Schröder immer hingewollt! Ich meine: Auf einen Posten, auf dem man mit den ganz ganz, ganz großen aus Weltwirtschaft und Finanzwelt auf Augenhöhe reden kann ohne sich lästigen Bindungen aussetzen zu müssen. Erst seinem Erben Steinmeier ist es vergönnt, Schröders Traum wahr zu machen. Durchsetzungsfähig sei Grube, ein Spitzen-Manager und vor allem völlig unpolitisch. Es soll all dies ein Lob sein.

     

    Gut, dass Steinmeier nicht SPD-Chef ist sondern lediglich Vizekanzler unter Frau Merkel. Obwohl – waren die Merkelschen Klimaziele nicht auch politischer Natur? Na, dann passt das ja mit dem unpolitischen Grube. Dem scheint es schließlich vollkommen egal zu sein ob er die Bahn managt, ein Luftfahrtunternehmen oder die irren Pläne eines Autokonzernchefs. Hauptsache, am jeweiligen Jahresende stimmen Dividende und Gehalt. Wieso eigentlich hat den Mann noch niemand ins Gespräch gebracht als Vorstandsvorsitzenden einer verstaatlichten HRE?

  • F
    fly_by_night

    Also, schlecht hat Ex-Luftfahrt-Mann Mehdorn seine Sache nicht gemacht. (Ich meine hier das Bahnfahren und lasse mal die Spitzelei beiseite.)

    Ich fahre ziemlich viel mit der Bahn und kann nur sagen, dass ich wirklich staune, wie die Bahn in nur zehn Jahren von einem alten Schrotthaufen zu einer ziemlich guten und komfortablen Reisemöglichkeit geworden ist. Das nötigt mir Bewunderung ab.

    Natürlich gibt es beim ÖPNV viel nachzubessern, aber das ist nicht nur Sache der Bahn, sondern auch der Kommunen, Kreise und Bundesländer. (Wer mal nach Freiburg fährt, kann sehen, wie ein guter ÖPNV funktioniert.)

    Mir ist jedenfalls ein Luftfahrtmanager, der eine kundenorientierte Bahn organisiert, lieber als ein politisch gesalbter, aber wenig effizienter Bahnchef.

  • PS
    Peter Samstag

    Hallo Tazler,

    jetzt seid ihr doch glatt auf den Aprilscherz der Bundesregierung reingefallen. Ihr hättet vermutlich auch geglaubt wenn Schäuble angeblich Ossama bin Laden als neuen Leiter des BND vorgestellt hätte…

  • ML
    Martin Luther

    Na, das ist ja mal wieder eine tolle Entscheidung. Ein Mann der Autoindustrie, der auch noch einen Posten in der Rüstungsindustrie (EADS) innehat. Der soll nun unsere Deutsche Bahn, die bereits heruntergewirtschaftet auf ein Paketlieferungsunternehmen (weltweite Logistik) ist, weiter zur Börse vorantreiben. Was nehmen sich diese Damen und Herren Politiker in Berlin eigentlich noch alles, gegenüber dem Deutschen Volk, für Unverschämtheiten heraus? Der Gipfel wäre ja wohl dieser ArbeitsagenturHeini...also mir fehlen irgendwie die Worte...Tollhaus Deutschland!

  • P
    Peter

    Schreibt Trappatoni neuerdings eure Headlines...?

  • M
    Martin

    und noch was. das ganze stinkt gewaltig, mehdorn und grube sind befreundet, kennen sich seit jahrzehnten. es mußte wohl einer gefunden werden, der die leichen in mehdorns keller dort unten beläßt, so daß auch mehdorn nicht die leichen der politik ausgräbt.

  • A
    ARE

    "Wieder eine Luftfahrtexperte"

     

    ... und, meine Vermutung, wahrscheinlich _kein_ Bahnfahrer.

     

    Völlig egal wer auch immer genannt wird, stellt sich für mich folgendes Problem: ich kann mir als Kunde der Bahn nicht vorstellen, wie ich mit solchen Menschen reden müsste, um Verbesserungen anzusprechen. Solche Leute haben für mich mit denjenigen, welche das Unternehmen bezahlen nichts gemeinsames. Somit kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Konzernbonze, woher auch immer, Verbesserungen da bewirkt, wo sie greifen sollten: am Fahrplan, an den Preisen, am Service, an den Verbindungen, an der Pünktlichkeit, an der Sauberkeit, d.h. überall da, wo Konzernfuzzies nie mit konfrontiert werden. Nur von einem scheinen sie was zu verstehen: von der "Effizienz" ... natürlich nur von ihrer Warte aus.

  • M
    Martin

    einer aus der autoindustrie wird also deutschlands wichtigster mann für den öpnv. nachdem erstere gerade am sterben ist, darf er einen weiteren bereich zugrunderichten.

  • M
    Martin

    wie wär's denn mal mit einem experten, also einer der sich mit öpnv auskennt?

  • RK
    Rüdiger Kalupner

    Wie von mir in der taz per Leserkommentar zum Mehdorn-Abgang vorhergesagt, kommt wieder ein Spitzenmanager der Autobranche an die Spitze der Bahn AG - die Minimierung der Autokonkurrenz ist nach wie vor das Unternehmensziel-Nr.1 der BAHN AG und kann nur von einem Autoindustrie-ADAC-IGMetall-Clanmitglied als Geheimmission exekutiert werden.

     

    Wenn man weiß, dass in Deutschland rd. 100 Mrd. p.a. Autokilometer zur Bahn, Bus und Fahrrad wechseln können - wenn denn die preislichen und verkehrs-strukturellen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden - und wenn eine Lebensstilrevolution hin zum Selbsttransport (Fahrradfahren im Wohnumfeld und zur Schule) jederzeit angestoßen werden kann, dann ist es macht- und wirtschaftspolitisch nur logisch, keinen Autoclan-Unabhängigen an die Spitze der BAHN-AG zu lassen, der evtl. diese Revolutionspotenziale angeht und freisetzt.

  • E
    elisabeth

    das ist ja wohl ein witz : ex-auto manager wird bahnchef.

     

    naja, gesinnung zählt ja eh nich viel in der politik.