Neuer Abgeordnetenhauspräsident: SPD wählt West-Mann statt Ost-Frau
Ralf Wieland setzt sich in der SPD-Fraktion gegen Iris Spranger durch.
Am Montag noch mühten sich zwei CDU-Bundesministerinnen um Frauenquoten in Führungsjobs, am Dienstag mochte zumindest die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus dem nicht folgen: Statt Staatssekretärin Iris Spranger (50) nominierte sie den langjährigen Abgeordneten Ralf Wieland (54) als künftigen Parlamentspräsidenten. 26 SPDler stimmten für Wieland, 21 für Spranger. Er soll am 27. Oktober, bei der ersten Sitzung des neuen Abgeordnetenhauses, gewählt werden. Der SPD steht der Posten als stärkster Fraktion zu. Vorgänger Walter Momper hatte nicht wieder für einen Sitz im Abgeordnetenhaus kandidiert.
Wieland will sich bis zur Parlamentssitzung den anderen Fraktionen vorstellen. Dabei dürfte er nicht unfreundlich aufgenommen werden. Er, seit 1999 im Parlament, gilt auch Abgeordneten anderer Parteien durch seine ruhige Art und Fachkenntnis als verlässlicher Kollege. Probleme mit der Sitzungsleitung dürfte Wieland anders als Vorgänger Momper ebenfalls nicht haben. Er leitete in den vergangenen sieben Jahren den Hauptausschuss, den wichtigsten Ausschuss des Parlaments.
Der Abstimmungserfolg dürfte für Wieland späte Genugtuung sein. 2004 hatte ihn die SPD nach fünf Jahren nicht mehr als Landesgeschäftsführer haben wollen. 2009 bemühte er sich vergeblich, SPD-Direktkandidat bei der Bundestagswahl zu werden.
Spranger, die wie Wieland dem rechten Parteiflügel zugeordnet wird und Vize-Landeschefin ist, hatte im Vorfeld unter anderem die Unterstützung der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen erhalten. Sie war wie Wieland lange Zeit Mitglied des Hauptausschusses und dort Sprecherin der SPD-Fraktion. Exfinanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) machte sie 2006 zur Staatssekretärin, sein Nachfolger Ulrich Nußbaum hielt an ihr fest. Bei der Abgeordnetenhauswahl war sie Spitzenkandidatin in Marzahn-Hellersdorf. Das machte die Abstimmung auch zu einem Duell Ost-Frau gegen West-Mann: Wieland, gebürtiger Wilhelmshavener, ist im Wedding zuhause.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Linkenkandidat Sören Pellmann
Roter Rettungsschirm im Gegenwind
Gegen den Trumpismus
Amazon-Boykott, jetzt!
Demos gegen rechts am Wochenende
Mehr als eine halbe Million auf der Straße
Wagenknecht und Migration
Wäre gerne eine Alternative zur AfD
Kampf um Kanzleramt
Er wird weichen müssen
SPD unter Druck
Nun hofft Olaf Scholz auf ein Comeback