Neue Spitze der Deutschen Fußball-Liga: 36 plus eine
Donata Hopfen wird als erste Frau Geschäfsführerin der Fußball-Liga. Sie muss den Weg der DFL im entfesselten Fußballkapitalismus definieren.
Kein halbes Jahr später präsentiert die DFL eine Frau als Nachfolgerin ihres aus dem Amt scheidenden Geschäftsführers Christian Seifert. Donata Hopfen soll den Ligaverband, der die Rechte der 36 Klubs der Ersten und Zweiten Bundesliga bei der Vermarktung vertritt, ab 1. Januar 2022 leiten. Es ist eine spektakuläre Entscheidung, die der Aufsichtsrat der DFL getroffen hat. Mit der Entscheidung für eine Frau an ihrer Spitze treibt die Liga auch den taumelnden Deutschen Fußball-Bund vor sich her, der nach dem Rückzug von Kurzzeitpräsident Fritz Keller führungslos ist.
Auf der Rechnung konnte die 45-jährige Managerin niemand haben. Im Fußball-Busines ist sie bis dato nicht aufgefallen. Zuletzt war sie im Berliner Büro von BCG Digital Ventures, einem Ableger des Milliardenunternehmens Boston Consulting, als Partnerin tätig. Als solche hat sie Kapitalgeber beraten, die bereit sind, ohne allzu große Sicherheiten in neue, digitale Unternehmen zu investieren. „Wir helfen Unternehmen, wie Risikokapitalgeber zu denken und zu handeln, indem wir ein Portfolio von Geschäftsideen, in die sie inverstieren können, und unermüdliches Engagement für die Kunden anbieten“, heißt es auf der Website der Firma. Rückschlüsse darauf, was man bei der DFL von ihr erwartet, lässt das eher nicht zu.
Die Erwartungen dürften dennoch hoch sein. Der entfesselte Fußballkapitalismus sorgt nicht erst seit dem Wechsel von Lionel Messi vom FC Barcelona zu Paris St. Germain oder dem irren 100-Millionen-Pfund-Deal, den Manchester City zur Verpflichtung von Jack Grealish eingegangen ist, für Diskussionen. Da sind viele organisierte Fans, die für einen gezügelten Fußballkapitalismus Ideen entwerfen und die sich nicht recht wiederfinden in dem Ergebnispapier der Taskforce „Zukunft Profifußball“, bei dem ein Teil von ihnen mitfgearbeitet hat.
Die große Investorenfrage
Und da ist die Sorge um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga, in der die ganz großen Deals, die in England oder Paris abgeschlossen werden, bis dato unvorstellbar sind. Kann etwa die 50+1-Regel, die bis jetzt dafür sorgt, dass Investoren sich zwar Anteile an deutschen Klubs kaufen können, die Mehrheit der Stimmen aber immer beim Trägerverein bleibt, erhalten werden? Darüber sind die 36 Klubs heillos zerstritten. Ein Gutachten des Bundeskartellamts hat Ende Mai zwar die grundsätzliche Zulässigkeit dieser Regel bestätigt, aber die Ausnahmeregelungen für Konzern- beziehungsweise Mäzenenklubs wie Bayer Leverkusen, den VfL Wolfsburg oder die TSG Hoffenheim kritisiert. Man darf getrost als Minendfeld bezeichnen, was Donata Hopfen da vorfinden wird.
Sie sei „die richtige Persönlichkeit für eine der wichtigsten Positionen im deutschen Fußball“, lässt sich der DFL-Aufsichtsratsvorsitzende Peter Peters in der DFL-Mitteilung zu Hopfens Verpflichtung zitieren. „In einer Zeit des Wandels verfügt sie über alle Qualitäten und große Durchsetzungsfähigkeit, um die DFL im Sinne der Clubs in eine weiterhin erfolgreiche Zukunft zu führen.“
Durchsetzungsfähigkeit wird die neue DFL-Chefin brauchen – nicht nur in der Auseinandersetzung um die Rechte von Investoren, sondern auch bei der Vermarktung der Liga im In- und Ausland sowie bei der Verteilung der dabei erzielten Erlöse unter den 36 Klubs. Dass immer weniger Klubs die Chance haben, um Meisterschaft und Champions-League-Plätze mitzuspielen, gehört zu den Dauerbaustellen, die Donata Hopfen von Christian Seitert übernehmen wird.
DFL-Pressemitteilung zur Personalie
Hopfen selbst, die 14 Jahre lang bei Axel Springer unter anderem als Verlangsgesschäftsführerin der Bild-Gruppe gearbeitet hat, wird von der DFL so zitiert: „Der deutsche Profifußball besitzt eine große Tradition und ist tief in der Gesellschaft verankert. Bundesliga und 2. Liga genießen ebenso wie die DFL weltweit einen hervorragenden Ruf. Dies alles gilt es auch vorm Hintergrund technologischer, gesellschaftlicher und medialer Veränderungen im Umfeld des Fußballs zu bewahren – und gleichzeitig innovativ weiterzuentwickeln.“
Das Wort Fan taucht in ihrer Einlassung nicht auf. Das ist nach all den zurückliegenden Diskussionen zumindest bemerkenswert.
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