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Neue Regierung in MontenegroDer Pate gibt das Zepter endgültig ab

Fast zwanzig Jahre lang beherrschte Milo Djukanovic den kleinsten Balkanstaat, den er 2006 in die Unabhängigkeit geführt hatte. Jetzt gibt es eine neue Regierung.

Darauf ein Gläschen: Milo Djukanovic (48) gratuliert Igor Luksic (34). Bild: reuters

SPLIT taz | Machtwechsel in Montenegro: Das Parlament des mit 625.000 Einwohnern kleinsten Balkanlandes hat am Mittwochabend mit 46 von 81 Stimmen den erst 34-jährigen bisherigen Finanzminister Igor Luksic zum neuen Regierungschef gewählt. Luksic löst Milo Djukanovic (48) ab, der seit zwei Jahrzehnten mit kurzen Unterbrechungen das Land regiert hatte. Luksic will den Wechsel zu einer tiefgreifenden Regierungsumbildung nutzen, plant jedoch keinen Bruch mit der bisherigen Politik. Er gilt als Wirtschaftsexperte ohne jede Korruptionsaffäre.

Djukanovic hatte in den letzten Monaten keinen Hehl daraus gemacht, amtsmüde zu sein. Er begründete seinen Rücktritt in der vergangenen Woche damit, dass er als Unternehmer mehr Zeit für seine Privatinteressen haben wolle. Indem Montenegro in diesem Monat zum EU-Kandidaten aufgestiegen ist, hat er sein wichtigstes politisches Ziel erreicht. Zwar wird das Land wie alle EU-Beitrittskandidaten tiefgreifende Reformen in den Bereichen Polizei, Justiz und Medien durchsetzen müssen. Brüssel fordert zudem, den Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität zu verstärken. Doch darum soll sich jetzt der neue Premierminister kümmern.

Djukanovic war trotz seines relativ jungen Alters von 48 Jahren der dienstälteste Regierungschef der Balkanstaaten. Seit 1991 hat er Montenegro umsichtig regiert und viel erreicht: nach 90 Jahren serbischer Dominanz wurde Montenegro 2006 ein unabhängiger Staat. Montenegro ist heute das einzige Land des Balkans, das seinen multinationalen und multireligiösen Charakter gewahrt hat. Hier leben Montenegriner, Serben, Albaner, Kroaten und Roma friedlich zusammen. Djukanovic hat alle Versuche Belgrads zurückgewiesen, die xenophobe Politik des serbischen Nationalismus auch in Montenegro durchzusetzen.

Das war nicht immer einfach. Zunächst war Djukanovic Ziehkind des serbischen Regierungschefs Slobodan Milosevic. Der war es, der 1991 den damals 29-jährigen Djukanovic an die Macht im kleinen Bergstaat hievte. Doch während Jugoslawien zerfiel, löste sich auch der Montenegriner aus dem Schatten des mächtigen Milosevic. 1996 kam es zum offenen Bruch: Zwar blieb Montenegro Teil Restjugoslawiens, also der Föderation Serbien-Montenegro, doch Djukanovic regierte Montenegro wie einen unabhängigen Staat.

Er führte 2001 den Euro als De-Facto-Zahlungsmittel ein, koppelte die Wirtschaft so weit es ging von der serbischen ab und suchte außenpolitisch Unterstützung durch die USA und Europa. 1997, als der bevorstehende Kosovokrieg schon erste Schatten warf, erlaubte er von Serbien verfemten internationalen Journalisten, durch Montenegro nach Kosovo zu reisen. In dieser Zeit baute er die Polizei Montenegros zu einer schwerbewaffneten Kraft aus. Es drohte ihm ein Putsch. Das hat Milosevic dann doch nicht gewagt zu provozieren.

Dass sich Montenegro 2006 vollends aus der Föderation mit dem großen Nachbarn löste, war für Serbien schmerzlich, sehen die meisten Serben die Montenegriner doch als ihr orthodoxes Brudervolk an. Djukanovic zog den Hass serbischer Nationalisten auf sich. Der serbische Geheimdienst fütterte die Presse mit Horrormeldungen über Korruption, Zigarettenschmuggel und Djukanovic als Mafiaboss. Ein 2003 angestrengter Prozess in Italien endete 2009 ergebnislos, es mangelte an Beweisen.

Unterschiedliche montenegrinische Quellen versichern der taz, Zigarettenschmuggel habe es in den 90er Jahren durchaus gegeben, die meisten Gewinne seien aber damals in den Aufbau der Polizei und der Staatsorgane geflossen. Der mit russischen Kapitalisten eng verbundene Geschäftsmann Djukanovic wurde dennoch zum reichen Mann.

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2 Kommentare

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  • M
    Marco_Polo

    Über die balkanpolitischen Artikel des Herrn Rathfelder wundert man sich ob ihrer Blauäugigkeit und Naivität doch immer wieder und wieder. Eigentlich unerklärlich, warum seine Texte sich mit schöner Regelmäßigkeit in der taz zu lesen finden.

     

    Djukanovic ist natürlich der Kopf der balkanischen Zigarettenmafia, und analog zu den kriminellen Albanern im Kosovo hat der nun auch schon seinen eigenen Staat, was die Geschäfte natürlich mörderisch erleichtert.

     

    Da müßte der Herr Rathfelder eigentlich nur mal beim BKA oder bei Interpol nachfragen. Aber das scheint Herrn Rathfelder aus unerklärlichen Gründen nicht möglich. Schade eigentlich.

     

    Aber immer gut, wenn man sich als Leser selbst das Denken und "1+1"-Zusammenzählen nicht von blauäugigen Autoren vernebeln läßt.

  • M
    Mike

    "Beherrschte".. steht da. Hat man uns nicht die letzten 20 Jahre erzählt, wie ach so schön und demokratisch das alles geworden ist? Und wird man uns dies nicht auch weiterhin von den Mafiastaaten ringsum erzählen? Ganz ehrlich das alles.Demokratisch?