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Neue Knick-Verordnung im NordenZur Hecke degradiert

Die neue Knick-Verordnung für Schleswig-Holstein wird von Naturschützern wie Landwirten gleichermaßen kritisiert: Der Bauernverband droht mit Klage.

Der Knick trennt Acker und Weg. Hier wird er beschnitten. Bild: dpa

NEUMÜNSTER taz | 50 Zentimeter: So breit muss der Saum sein, den die Bauern in Schleswig-Holstein künftig am Rand ihrer Felder unbeackert lassen sollen. So will es eine neue Verordnung des Umweltministeriums. Denn die Wälle sind Lebensraum für Pflanzen und Tiere, die mit dem „Pufferstreifen“ vor Dünger, Pflanzenschutzmitteln und Maschinengedröhn geschützt werden sollen.

Die Landwirte sehen darin einen „massiven Eingriff in ihr Eigentum“. Darum „prüft und plant der Landesbauernverband derzeit intensiv rechtliche Schritte“ gegen die Verordnung, die seit Juli in Kraft ist, heißt es laut Mitteilung. Was das Ministerium vorschreibt, sei „nicht hinnehmbar“, sagt Bauernpräsident Werner Schwarz. Allein die Saumstreifen an den Feldrändern würden sich landesweit auf 3.500 Hektar summieren, die als Ackergrund verloren gingen – das entspreche einer Fläche von 50 bäuerlichen Betrieben, hat der Verband ausgerechnet.

Zwar sind sich die Fachleute einig, dass es den Knicks guttut, alle zehn bis 15 Jahre massiv heruntergeschnitten zu werden, aber Landwirte und Umweltschützer streiten über die Frage, wie die wuchernden Sträucher in den Jahren dazwischen behandelt werden sollen.

Der Naturschutzbund Nabu sieht einen Grund für das „desolate Bild“ der Knicks darin, dass seit den 1980er-Jahren häufig Lohnunternehmer mit schweren, hydraulisch betriebenen Maschinen die Arbeit übernehmen. Die sogenannten Knickscheren lassen die Baumstümpfe platzen, sodass sie kaum mehr richtig nachwachsen.

Eingriffe erlaubt

Unterstützung bekamen die Landwirte vom früheren CDU-Landwirtschaftsminister Christian von Boetticher, der zwischen 2005 und 2009 weitere Eingriffe erlaubte – mit dem Ergebnis, dass die Knicks teilweise zu „Hecken degradiert“ wurden, beklagen die Naturschützer. Von Boettichers Nachfolgerin Juliane Rumpf erließ 2010 ein Landesnaturschutzgesetz, in dem Knicks nicht mehr als eigenständige Schutzzonen genannt werden.

Die neue Verordnung definiert nun den „gesetzlich geschützten Biotop Knick“ ausdrücklich. „Es ist fachlich geboten, den Schutz von Knicks zu verbessern“, sagt Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne).

Die Verordnung sei „kein großer Wurf“, sagt Nabu-Landesgeschäftsführer Ingo Ludwichowski. Er begrüße zwar den Saumstreifen, den die Landwirte so vehement ablehnen, dafür kritisiert er, dass die Außenseiten der Knick-Sträucher in einem Winkel von bis zu 70 Grad beschnitten werden dürfen – Ludwichowski schlägt einen Winkel von 45 Grad vor.

Trotz des Streits herrscht an den Knicks zurzeit Ruhe: Sowohl nach alter als auch neuer Verordnung dürfen sie erst ab Oktober beschnitten werden.

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