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Neue Hartz-IV-RegelungenSchrotte Waschmaschine kein Härtefall

Eine Woche nach dem Verfassungsgerichts-Urteil hat die Regierung einen Härtefall-Katalog für Hartz-IV-Empfänger vorgelegt. Chronisch Kranke können nun mehr bekommen, Brillen werden nicht bezahlt.

Wer eine neue Waschmaschine braucht, muss sie von seinem Arbeitslosengeld II bezahlen. Bild: dpa

BERLIN dpa/afp/apn | Nur wenige Hartz-IV-Empfänger werden voraussichtlich in den Genuss von Extra-Zahlungen nach dem Härtefall- Katalog der Bundesregierung kommen. Eine Woche nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes einigten sich das Ministerium und die Bundesagentur für Arbeit (BA) auf einen Katalog, der am Dienstag in Berlin als "Positiv- und Negativliste" veröffentlicht wurde. Darin ist ausdrücklich auch festgehalten, für welche Leistungen die vom Gericht verlangte Härtefallregelung nicht gelten soll.

Profitieren können von der Härtefall-Klausel unter anderem Rollstuhlfahrer, chronisch Kranke, geschiedene Paare sowie bei strengen Vorgaben Kinder mit Schulproblemen. Nicht als Härtefall eingestuft werden Ausgaben von Langzeitarbeitslosen für die Praxisgebühr, Bekleidung für Übergrößen, Brillen, Waschmaschinen, Zahnersatz und orthopädische Schuhe.

Der Katalog ist weniger umfangreich als eine erste Liste der Arbeitsagentur. So sollen Umfang und Kosten in Grenzen gehalten und eine Antragsflut eingedämmt werden.

Nach Angaben des Ministeriums greift der Leistungsanspruch bei Hartz-IV-Empfängern ab sofort, wenn Hilfebedürftige einen "unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf haben." Als "außergewöhnliche, laufende Belastung" werden in bestimmten Fällen nicht verschreibungspflichtige Medikamente eingestuft, etwa Hautpflegeprodukte bei Neurodermitis oder Hygieneartikel bei ausgebrochener HIV-Infektion.

Rollstuhlfahrer, "die gewisse Tätigkeiten im Haushalt nicht ohne fremde Hilfe erledigen können und keine Hilfe von anderen erhalten", sollen Putz- oder Haushaltshilfen bezahlen können. In den Katalog der Zusatzleistungen sollen auch Fahrt- und Übernachtungskosten aufgenommen werden, wenn geschiedene Ehepartner ihre von ihnen getrennt lebenden Kinder besuchen.

Kosten für Nachhilfeunterricht können nur im Einzelfall gewährt werden: Voraussetzung hierfür ist, dass es einen besonderen Anlass gibt - etwa eine langfristige Erkrankung oder einen Todesfall in der Familie. Zudem muss die Aussicht "auf Überwindung des Nachhilfebedarfes innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten, längstens bis zum Schuljahresende bestehen". In der Regel könnten Kosten für Nachhilfeunterricht nicht übernommen werden. Vorrangig seien schulische Angebote wie Förderkurse zu nutzen.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte den von der Bundesregierung erstellten Härtefall-Katalog. "Offensichtlich haben die Bundesagentur für Arbeit und das Arbeitsministerium die denkbar restriktivste Form des Kataloges gewählt", sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider der "Thüringer Allgemeinen" vom Mittwoch. Alle aufgeführten Beispiele träfen nur "äußerst selten" zu, zudem seien einige der Konstellationen auch schon in der Vergangenheit über andere Sozialtransfers gefördert worden.

Schneider sagte der Zeitung, er setze nun große Hoffnungen in die Formulierung, der Katalog sei "nicht abschließend" definiert. "Offenbar setzt man vermehrt auf Einzelentscheidungen vor Ort und das ist die gute Nachricht", sagte er. Schneider schlug erneut vor, die Kosten für die Anschaffung teurer Einzelgeräte wie etwa einer Waschmaschine aus dem Regelsatz herauszunehmen und stattdessen wieder als einmalige Leistung im Bedarfsfall zu bezahlen.

Sozialgerichtstags-Präsidentin Monika Paulat rechnet auch für die Zeit nach der Einführung der neuen Härtefallliste mit einer Klageflut gegen Hartz-IV-Entscheidungen. Wer glaube, einen berechtigten Anspruch zu haben, werde diesen auch von Gerichten prüfen lassen, sofern er in der Härtefallliste nicht auftauche, sagte Paulat der "Thüringer Allgemeinen".

Paulat, die Präsidentin des Landessozialgerichtes Berlin/Brandenburg ist, wandte sich gegen Forderungen aus der Politik, über den sogenannten andauernden Sonderbedarf hinaus Einmalleistungen gesetzlich zu verankern: "Ich finde, es sollte mal ein Ende damit sein", erklärte die Juristin. Es sei ja die Grundlage von Hartz IV, zu pauschalieren und eben keine Einzelansprüche mehr ins Gesetz zu schreiben, so wie dies früher mal bei der Sozialhilfe gewesen sei. "Das ist ja kein verkehrter Ansatz", fügte Paulat hinzu.

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10 Kommentare

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  • A
    Amos

    Nach diesem Linientreuen Urteil,des BVGerichts, konnte

    man ja nicht mehr erwarten.Man brauchte Monate um

    sich klar zu werden:Entscheide ich mich jetzt für die

    Systemgeschädigten oder für die Kassenlage. Wir leben in einer Plutokratie und das ist nicht mehr zu ändern.

  • A
    axel

    @ Marvi

    Sie haben absolut recht: Die Mehrwertsteuersenkung für Hotelübernachtungen läßt natürlich - ebenso wie die Bankenrettungsprogramme - keinen finanziellen Spielraum für Zahnersatz, Brillen etc für Hartz-4-Empfänger zu. (Ironie aus)

     

    Die Entsolidarisierung der Gesellschaft greift immer weiter um sich, auch als Folge der Hartz-Gesetzgebung von SPD und Grünen und der massiven Umverteilung von unten nach oben.

     

    Wehren wir uns:

     

    Wir zahlen nicht für eure Krise! Zwingen wir die Profiteure zur Kasse!

     

    Krisendemo NRW am 20.03.2010 in Essen

    http://krisendemonrw.wordpress.com/about/

  • KD
    Karl der Große

    Nach wie vor bleibt H4 ein Zankapfel.

     

    Na, ob es das ist, was die Verfassungsrichter wirklich wollten, wage ich zu bezweifeln !

     

    Nun, wenn das Land komplett pleite wäre, würde ich sagen.., weiter so.., sparen wir uns letztlich kaputt.

    Die FDP wirbt damit, das sich über die STeuersenkungen die Konjunktur belebt.-

    gilt das nicht auch für die H4 Sätze..

     

    ( Vielleicht könnte es Quelle noch geben, wenn man hier - ähnlich der Abwrackprämie - mal investiert hätte ).. , diese Regierung produziert, ähnlich wie die Alte anscheinend lieber ARME, Arbeitslose & Geringverdiener.

     

    Diese Art von "Mangelwirtschaft" kennt man doch sonst nur aus dem Osten.

     

    Es bleibt die Erkenntnis.., das eine Waschmaschine oder auch die Zähne kaum finanzierbar sind mit den H4-Mitteln und das BGH-Urteil mit Füßen getreten wird

     

     

    Also, was soll das , - entweder man nimmt das Gericht ernst oder man kann auch das "verschrotten".

  • L
    Ludwig

    Hoffentlich bekommen TAZ-Redakteure wenigstens ihren dringend benötigten Deutschunterricht bezahlt.

     

    Schrotte Waschmaschine ...

     

    Waschiwaschi is puttegangen, buähhhhh!

  • K
    KMS

    kann mich über die Entwicklung leider gar nicht freuen, obwohl ich als chronisch Erkrankte meinen Sohn nun wahrscheinlich öfter sehen kann. es wird einem nur bewusst, wie abhängig man im 'offenen Strafvollzug' ist - nach Jahren guter Führung werden nun die Haftbedingungen erleichtert.

    ich würde gern für meinen Lebensunterhalt selbst aufkommen, doch das ist mit einem Behindertengard ausserhalb irgendwelcher Einrichtungen oder von der ArGe auferlegten Massnahmen für mich nicht machbar.

  • AC
    Ali Capone

    froblich: das ist berliner deutsch. sowas wie das "appe bein" oder die "zue tür".

  • C
    ch.leissner

    ich erhalte wegen erwerbsunfähigkeit grundsicherung ,ich bin chronisch krank.habe ich nun auch was von dem härtefall-katalog für hartz 4 empfänger? ich habe diabetes typ 2 .die mess sensoren zum blutzucker messen muss ich alleine bezahlen und die sind nicht billig .

  • M
    Marvi

    Mittlerweile sind aber Brillen, ortho. Schuhe und ordentlicher Zahnersatz für Hartz IV-Empfänger wahrscheinlich nicht mehr zu stemmen,...bittere Liste würd ich sagen.

  • F
    froblich

    Was ist das denn für ein Titel? Das ist ja unsägliches Deutsch. "Schrotte Maschine" - das gibts doch nicht.

  • M
    Marcus

    Wenn ich das Wort Klageflut höre wird mir schlecht... da müsste man auch einen Eigenanteil ansetzten bevor die Klage eingereicht wird...damit eine Hürde aufbaut wird wegen jeden Müll zu klagen. Wenn man gewinnt kann das Geld ja angerechnet werden. Klagen zum fast Nulltarif ist nicht gut... nicht umsonst gibt es Leute mit gleichzeitig 10 und mehr Klagen....!!! Noch besser wäre ein vereinfachtes Verfahren im Vorfeld, so eine Art Klärungsstelle... da könnte man im Vorfeld schon die Leute beraten und die Angelegenheit bewerten. Eine Klage wegen einer Waschmaschine die 400€ kostet halte ich schon für unsozial gegenüber der Gesellschaft! Man muss auch gegenüber der Gesellschaft die die Transferleistungen bezahlt auch Respekt und Augenmaß bewahren!!!