Neue Chefredakteurin der New York Times: Vom Bildschirm zum Papier
Zum ersten Mal steht eine Frau an der Spitze der New York Times. Jill Abramson sieht die Zukunft online - und wechselt zur Papierausgabe.
Die Neue an der Spitze der Redaktion der New York Times ist eine doppelte Revolution: Sie ist die erste Frau auf dem Posten. Und sie kommt auf dem Weg über die Elektronik zum Papier. Im vergangenen Jahr ordnete Jill Abramson die Onlineredaktion der Zeitung neu. Im März dieses Jahres führte sie eine "Paywall" ein, mit der die Zeitung seither ihre Internetkundschaft ab dem 20. Artikel pro Monat zur Kasse bittet. Ab September wird sie Chefredakteurin der 160 Jahre alten Zeitung mit 1.200 JournalistInnen und einer Print-Auflage von immer noch 917.000 Exemplaren täglich.
Ein "Traumjob", sagt die 57-jährige Abramson, deren Lächeln sowohl Wärme als auch Herausforderung signalisiert. KollegInnen wollen wissen, dass sie seit Jahren bei Arthur Sulzberger, Jr., dem Chef der "New York Times Company" anklopft.
In ihrer bisherigen Karriere war sie Enthüllungsreporterin - unter anderem beim Wall Street Journal - Universitätsdozentin, Leiterin des Hauptstadtbüros der New York Times in Washington und zuletzt stellvertretende Chefredakteurin in New York. "Tough" - hart im Nehmen - ist sie nicht nur im Beruf: Als die New Yorkerin im Jahr 2007 in Manhattan von einem Laster angefahren wird, viel Blut verliert und nur knapp mit dem Leben davonkommt, ist sie schon nach drei Wochen wieder im Büro.
Der Machtwechsel kommt zu einem kritischen Zeitpunkt. Das drittgrößte Blatt des Landes - nach Wall Street Journal und USA Today - steckt in der Krise der Printmedien. In den ersten drei Monaten dieses Jahres sind die Einnahmen um 57 Prozent eingebrochen. Wegen des zurückgehenden Verkaufs und wegen der im letzten Jahr um mehr als die Hälfte eingebrochenen Werbeeinnahmen.
Der nach acht Jahren - angeblich auf eigenen Wunsch - aus der Chefredaktion scheidende Bill Keller steht Internet und Twitter skeptisch gegenüber. Abramson sieht darin die Zukunft.
Als Stellvertreter holt Abramson einen Afroamerikaner in die Chefredaktion: den gegenwärtigen Washington-Bürochef Dean Baquet. Und ihre Geschlechtsgenossinnen ermuntert sie mit den Worten: "Ich habe zwei Kinder, einen Hund und mache Karriere."
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