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■ Rosi Rolands Bremer GeschichtenNeue Besen kehren gut

Neue Besen kehren gut: Die neuen Besitzer von STN Atlas Elektronik haben fünf Vorstandsmitglieder, die das Unternehmen erfolgreich führten, herausgekegelt. Einen Sitz in der neuen Geschäftsführung hat sich British Aerospace reservieren lassen. Den neuen Boß der STN stellt – streng paritätisch – die Rheinmetall: Gerhard Krischer heißt er.

Wo kommt dieser Mann her, der den Bremer High-Tech-Rüstungselektronik-Spezialisten mit über 3.000 hochqualifizierten Wissenschaftlern und Ingenieuren führen will? Die letzten fünf Jahre war Krischer Vorstandsvorsitzender der Ymos-AG, eines Autoteile-Herstellers (Fensterheber, Türrahmen, Zierleisten, Innenverkleidung usw.).

Da aber die einfachen Autoteile preiswerter in Billiglohnländern produziert werden, hatte Krischer schon vor Jahren die Idee, komplette Vorprodukte anzubieten: „Systemfähigkeit“nennt man das bei Autoteilelieferern. „Null-acht-fünfzehn-Produkte sind nicht gefragt“, formulierte Krischer – und machte die komplizierten Schließsysteme zum Kerngebiet der Gesellschaft.

Doch dann mußte 1996 der komplette Produktbereich Schließsysteme – ein Drittel des Umsatzes mit 1.450 von 5.000 Mitarbeitern – verkauft werden. Begründung: Ymos kann Kurbeln bauen und elektrisch gesteuerte Kurbeln, aber bei den Schließsystemen der Autos wird die Zukunft im elektronischen Bereich liegen – und davon versteht man bei Ymos nichts.

Der Verkauf hatte einen zweiten Grund: Nach mageren Ergebnissen (mal minus 9 Millionen Mark, mal plus 9 Millionen bei ca. 900 Millionen Mark Umsatz) mußte Krischer für 1996 als „Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstüchtigkeit“insgesamt 82 Millionen Mark minus in die Bilanz schreiben. Nur der Verkauf der Schließsysteme rettete das Konzern-Ergebnis. Gerhard Krischer verließ am Ende dieses katastrophalen Jahres die Ymos – um Chef von STN zu werden.

Kritische Stimmen wenden ein, daß man bei STN nicht den elektronischen Bereich verkaufen kann, um die Verluste aus dem gesunden Kern der Plastik- und Blech-Produktion zu kompensieren. Aber dieses Argument verkennt, daß der Boß eines Unternehmens keine Ahnung von seinen Produkten haben muß, um erfolgreich zu sein, findet

Rosi Roland

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