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Neue Berlin-Domain beliebtBerlin am Ende

Ab heute können sich auch Privatleute Internetdomains mit der Endung ".berlin" registrieren lassen. Eine Internetadresse erklärt, welche Vorteile das hat

Sexy Domain: Der Ansturm auf die Endung .berlin ist groß. Bild: dpa
Interview von Thomas Schmid und Thomas Schmid

taz: Guten Morgen, Frau.berlin – oder dürfen wir Sie Alex nennen?

alex.berlin: Tatsächlich ist mir Alex lieber. Denn erstens bin ich aktuell unter einer anderen Adresse erreichbar, weil ich das „.berlin“ ja noch gar nicht genehmigt bekommen habe. Und zweitens wird das ja auch eher mein Nachname sein. Die Verwechslungsgefahr ist also hoch.

Mit wie vielen Namensvettern rechnen Sie denn?

Nach meinen Informationen sind allein beim Anmeldedienst United Domains bereits über 50.000 Anträge auf eine .berlin-Adresse eingegangen.

Das ist aber nicht sehr viel, oder? Adressen mit der Endung „.de“ gibt es mittlerweile mehr als 15 Millionen, mit der Endung „.com“ sogar mehr als 100 Millionen.

Natürlich, aber diese Adressendungen gibt es auch schon seit mehr als 25 Jahren. Sie sind etabliert. Außerdem kommen für die neue Endung von vornherein weniger Genehmigungen in Betracht.

Wieso das?

Ähnlich wie bei .de-Adressen ist die Registrierung geografisch gebunden: Entweder der Besitzer oder der technische Verwalter der Adresse muss in Berlin wohnen, oder die Vergabestelle muss ihren Sitz in Berlin haben.

Wo meldet man denn so eine Adresse eigentlich an? Bei der Stadtverwaltung?

Nein, .berlin-Adressen werden auf dem gleichen Weg vergeben wie andere Internetadressen auch: Bei den meisten großen Anbietern für Homepages kann man das direkt auf der Website buchen, sofern der Namen noch nicht vergeben ist. Allein in Deutschland vergeben ab sofort mehr als 50 Unternehmen .berlin-Adressen.

Und wie teuer ist das?

Der Anbieter, bei dem ich war, verlangt monatlich 3,99 Euro für die Adresse. Allerdings sind die ersten 12 Monate kostenlos.

Kritiker sehen in der Vergabe der neuen Adressendung vor allem Geldmacherei: Bei regulären Preisen könnte man eine .de-Adresse teils schon zum Viertel des Preises anmelden.

Theoretisch, ja. In der Praxis sind viele .de-Namen jedoch bereits belegt – www.alex.de konnte ich zum Beispiel nicht mehr registrieren lassen.

Das ist aber kein neues Problem. Warum hat die zuständige Vergabestelle erst jetzt die .berlin-Endung genehmigt?

Dabei ging es ja nicht nur um .berlin, sondern um eine Grundsatzfrage. Die US-amerikanische Organisation Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (Icann), die von jeher für grundsätzliche Strukturen verantwortlich ist, konnte sich lange nicht für neue Endungen begeistern. Schon seit den neunziger Jahren wurde dort ergebnislos diskutiert, ob die Zulassung neuer Adressendungen für das Internet sinnvoll und machbar ist. Auch über das Zulassungsprozedere wurde lange gestritten.

Was war das Problem?

Es gab die Angst, dass sich das Internet zersplittern könnte. Manche Techniker befürchten auch, das Internet könnte insgesamt instabiler werden.

Ein grundsätzliches Okay der Icann für neue Endungen gab es aber schon im Jahr 2008. Warum hat es dann noch sechs Jahre gedauert, die .berlin-Endung zu genehmigen?

Es waren fünf Jahre, die Zusage wurde schon im vergangenen Jahr erteilt. Teils war das durch eine Überarbeitung der vorgesehenen Vergaberegeln bedingt. Es gab allerdings auch juristische Hürden in Berlin: Der Senat wollte anfangs nicht so recht mitziehen.

Inwiefern?

Die Stadt Berlin hat Rechte an ihrem Namen. Bevor private Firmen damit Geld verdienen, muss der Senat zustimmen. Das wollte er aber lange nicht. Noch 2008 sagte ein Senatssprecher, man wolle keine Mitverantwortung für Inhalte übernehmen, die unter einer .berlin-Adresse angeboten werden.

Die .berlin-Adressen waren also keine Idee der Stadt?

Nein, eine private GmbH hat das Projekt vorangetrieben. Die offizielle Unterstützung der Stadt gab es erst im Frühjahr 2012.

Klingt, als hätte der Senat mal wieder einen Trend verschlafen.

Man könnte sagen, er ist gerade noch rechtzeitig auf den Zug aufgesprungen. Denn tatsächlich hatte das seit 2005 laufende Projekt Vorbildcharakter. Wien etwa hat es Berlin gleichgetan, ab Juli kann man für seine Internetseite eine .wien-Adresse beantragen. Berlin ist jedoch die weltweit erste Stadt mit einer voll funktionsfähigen eigenen Adressendung im Internet.

Unbestätigten Meldungen zufolge hat der Regierende Bürgermeister die Einführung einer weiteren neuen Endung namens .wowi beantragt Was halten Sie davon? Würden Sie zu www.alex.wowi wechseln?

Von solchen Plänen ist mir nichts bekannt. Berlin ist jedenfalls sexy und auch nach der nächsten Wahl noch da. Ich denke also, mit .berlin werde ich langfristig besser fahren.

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1 Kommentar

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  • Ich mag mich irren, aber viele Leute geben doch (traurigerweise) kaum noch direkt eine Adresse im Browser ein. Da wird entweder die Suchmaschine angeworfen oder auf ein Link/Lesezeichen geklickt. Also wo ist (außer Marketing) der große Nutzen der neuen Endungen?