Neue Auswertung der Pisa-Studie: Computerscheue Schulen
Computer in deutschen Klassenräumen? Die Ausstattung ist nur mittelmäßig, zeigt eine Studie. Ins Internet gehen die Schüler deshalb lieber zu Hause.
BERLIN taz | Deutschland rangiert bei der Computerausstattung in Schulen nur im Mittelfeld, und auch bei den Fähigkeiten am Computer gehören die Deutschen keineswegs zur Weltspitze. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Auswertung der OECD im Rahmen der Pisa-Studie. 5.000 fünfzehnjährige deutsche SchülerInnen wurden bei "Students Online" zur Computernutzung in Schulen befragt. Das Ergebnis: Es steht nicht gut um die Ausstattung an deutschen Schulen. Die Welt hat aufgeholt. Deutschland befindet sich nur noch im hinteren Mittelfeld. Hinter Deutschland folgt direkt Mexiko.
An einer deutschen Schule kommt auf zehn SchülerInnen nicht einmal ein Computer. Beim Spitzenreiter Australien stehen mit zwei Computern für 10 Schüler mehr als doppelt so viele Geräte bereit. Deutschland wird hier auch von Hongkong, Südkorea und Ungarn mit großem Abstand abgehängt.
Zu Hause verfügen mittlerweile fast 100 Prozent aller deutschen Schülerinnen und Schüler über einen Computer. Doch auch hier gibt es keinen besonderen Vorsprung. Alle Länder haben zwischen 2000 und 2009 massiv zugelegt. 94 Prozent der Schüler aus allen OECD-Nationen, die 2009 am Pisa-Test teilgenommen haben, gaben an, zu Hause mindestens einen Computer zu haben. Zur Jahrtausendwende hatte der Anteil noch bei 72 Prozent gelegen. Die größten Sprünge nach vorne machten Russland, Ungarn, Portugal und Tschechien.
Deutsche Jugendliche müssen meistens ihren Heimcomputer nutzen, um ins Internet zu gehen. Denn in den Schulen fehlt es an internetfähiger Technik. Nur zwei von drei Fünfzehnjährigen gehen von der Schule aus ins Netz. In anderen Ländern ist das viel selbstverständlicher. In skandinavischen Klassenzimmern kommt fast jeder Jugendliche regelmäßig in das Internet. Hier verschickt fast jeder zweite Schüler regelmäßig E-Mails. Die AutorInnen der Studie sehen dies als eine der wichtigsten Schlüsselqualifikationen moderner Kommunikation an. Und in Deutschland? Dort verschickt gerade einmal jeder zehnte Schüler regelmäßig Mails von der Schule aus. 15 Prozent von ihnen sind nicht dazu in der Lage, Multimediapräsentationen zu erstellen. Auch hier befindet sich Deutschland nur im Mittelfeld.
In Deutschland werden zudem fast nie Computer für den Sprachunterricht eingesetzt, bei 80 Prozent der Schüler ist das der Fall. Und bei den restlichen 20 Prozent kommen die Schüler meistens nicht über eine einzige Unterrichtsstunde pro Woche hinaus. Deutschland schneidet hier im internationalen Vergleich besonders schlecht ab. In Dänemark, Norwegen und Schweden ist das Bild genau anders herum: Hier nutzt die große Mehrheit Computer für den Sprachunterricht, zum Teil auch mehr als nur eine Unterrichtsstunde pro Woche.
Die Studie hatte auch untersucht, wie gut die Schüler elektronische Medien verstehen können und wie gut sie Informationen im Netz finden können. Deutschland hat bei diesem Vergleich nicht teilgenommen. Hier waren die Südkoreaner am besten. Gute Ergebnisse erzielten auch Schüler aus Neuseeland, Australien und Japan.
Leser*innenkommentare
G. Paproth
Gast
Das Problem ist auch nicht allein die Ausstattung der Schulen mit PCs, sondern die gesicherte Wartung der Netzwerke. Die wird nämlich nicht durch die Schulbehörde angemessen sicher gestellt, wie das bei jedem Unternehmen eine Selbstverständlichkeit ist, die wird nämlich konsequent bis auf Minimalregelungen eingespart. Wenn die Netzwerke mal eben zusammenbrechen wegen eines Defektes, kann man (=Schule) oft viele Monate lang die gesamte PC-Ausstattung vergessen, mit der die Politik in den unkritischen Medien so toll und oberflächlich punkten kann.
guntherkummerlande
Gast
Diese rein quantitativen Angaben, sagen letzlich
kaum etwas darüber aus, WIE die Zeit am Computer
verbracht wird.
Klar zum Sprachen lernen birgt der Computer
Vorteile, zum Programmieren lernen,
zum Filme schneiden, Filme animieren,
Officeanwendungen, Websseitenerstellen,
Steuerungen entwickeln und anschließen.
Das wie ist entscheidend.
Natürlich werden wir auch da nicht spitze sein,
aber müssen es endlich werden,
am besten mit professionellen IT-Personal
und professionellen Begleitmaterial.
Der Beitrag legt nahe, dass viel Geld und viele
Computer mit Breitbandinternetanschluss
hervorragende IT-Grundvoraussetzungen sind.
Vielleicht zukünftig noch einmal nachbessern.
Informatik sollte von Leuten aus der Wirtschaft
vermittelt werden.
Rainer Meyer
Gast
Vielen Dank für den interessanten Artikel, den ich auch gut für einen Blogbeitrag nutzen konnte:
http://www.dir-info.de/nachrichten/beruf-bildung/mehr-computer-an-deutschen-schulen-20111531.
Der Studie (oder der taz-Berichterstattung) fehlt offensichtlich eine Begründung, warum es denn gut für deutsche Schüler wäre, wenn sie mehr Computer einsetzen könnten. Zum E-Mail-Schreiben während des Unterrichts? Außerdem braucht man für Computer-Kompetenz auch einmal Abstand vom Gerät. Gerade weil Schüler in ihrem späteren Leben komplexe Entscheidung über und mit Computer-Technik zu treffen haben, sollten Sie in der Schule nicht zu einem sofortigen und unreflektierten Technik-Einsatz motiviert werden.
Mehr Computer an deutsche Schulen? Wer dies fordert, sollte auch aufzeigen können, welche Vorteile damit für die Lernpraxis und Lebensgestaltung der Schüler möglich wird.
Schöne Grüße
Rainer Meyer