: Neue 68er-Bewegung in Spanien
betr.: Berichterstattung zur Antikriegsbewegung in Spanien
Man kann sagen, dass der Widerstand gegen den Kriegskurs der spanischen Regierung in Barcelona die Formen einer neuen 68er-Bewegung angenommen hat.
Wir organisieren vielfältige Aktionen. Es gibt immer wieder Straßenblockaden, ein Kaufhaus, das einem den Irakkrieg unterstützenden Konzern gehört, wurde blockiert. Selbst die Börse wurde für einige Stunden still gelegt. Eindrucksvoll war auch das nächtliche Lichtausschalten in der ganzen Stadt für 10 Minuten, und das Lärmen tausender in allen Teilen der Stadt zu einem festgelegten Zeitpunkt. Es findet jetzt eine inoffizielle, aber von unzähligen Kommunalverwaltungen unterstützte Volksbefragung gegen den Krieg und für den Rücktritt der Regierung statt. Eine halbe Million Unterschriften sind bereits gesammelt, wir rechnen mit einigen Millionen im Laufe der nächsten Wochen.
Jetzt planen wir ein offizielles Referendum gegen die Kriegspolitik. Wir halten viele Seminare auf blockierten Straßen ab. Konzerte mit bis zu achtzigtausend Teilnehmern beleben die Stadt. Systematisch werden Wahlveranstaltungen der Regierungspartei gesprengt. Es finden aber auch ruhigere Aktionen statt. Zum Beispiel wird im Zentrum Barcelonas rund um die Uhr „Tausend und eine Nacht“ gelesen und viel Theater gegen den Krieg gespielt.
An der Universität Barcelona, an der ich Professor für Philosophie bin, beginnt sich inzwischen so etwas wie einst in Deutschland der SDS zu entwickeln. Es herrscht Ausnahmezustand.
OCTAVI PIULATS, Barcelona