piwik no script img

Neu im Kino: „Tim und Struppi im Sonnentempel“

■ Abenteuer-Destille

Mensch, Tim. Paar runde, ganz unbeirrbare Linien, Farbe, Fläche. Einen reineren Abenteurer gibt es nicht. Hat einen Hund sowie Kameraden, solche und solche, statt Eigenschaften. Lebt als Leerstelle in der Mitte der Welt. Wird ohne Unterlaß verwickelt. Tut, was zu tun ist, und aus gar keinem Grund.

„Tim und Struppi im Sonnentempel“ ist ein Film, den nichts trübt. Drehbuch und Regie: Tims Konstrukteur selber, der belgische Zeichner Herge.

In Peru behelligt eine Expedition die Totenruhe eines Inkafürsten. Erhebliche Komplikationen sind die Folge. Eine fremde Welt erhebt sich gegen die Abenteurer.

Mit einemmal ist Gefahr in allem: Wir sehen Landschaftsbilder von ausgewogener Kompositon, malerisches Gebirge und wohlgestaltetes Dschungeldickicht, die Farben ordnen sich passend zueinander. Der Mensch aber, der dort verkehrt, ist nicht zuhause, sondern ausgesetzt. Der Film postiert ihn mitten in die visuelle Opulenz als einfaches Zeichen, das sich um seinen Fortbestand tüchtig zu kümmern hat. Kapitän Haddock, Polterer, die beiden Schultzes, Deppen, und Tim, ein Nichts und allem überlegen. Tim, von allen denkbaren Kodierungen der Unschuld die einfachste. Tim tut nichts als erleben, Tim ist, in jedem Sinn des Wortes, als Figur serienreif.

Der Film ist packend, witzig, schnell, mit gerade soviel Ruhe in den Bildern, daß man sie genüßlich abweiden kann. Elegant sind die Schnitte und überraschend die Wendungen. Leicht kann einem da entgehen, daß die Gestalten nicht nur zeichnerisch sozusagen geklärt sind. Der Film ist, wie Herges Bildergeschichten überhaupt, in einem erstaunlichen Ausmaß kalt. Oder anders gesagt: entmoralisiert. Tim und seine Gruppe können nichts Schlechtes tun. Daß sie eines fremden Volkes Religion ein wenig geschändet haben, ist keiner Rede und keines zweiflerischen Striches wert. Es folgen für sie daraus, summa, empfindliche Beeinträchtigungen, welche abgestellt werden.

Der Film ist ein schöner Versuch, mit den Menschen vom Stande Null aus neu anzufangen. Sie haben nichts getan, heißt es. scha

Schauburg, kl. Haus, 16 Uhr.

!!!!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen