Nervöse Reaktion: Union sieht SPD nach links driften
Die Hamburger Beschlüsse der Sozialdemokraten sorgen für scharfe Reaktionen des Koalitionspartners.
HAMBURG taz "Wir brauchen keine Rückbesinnung auf den Sozialismus wie die Sozialdemokraten", kommentierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf einer Regionalkonferenz ihrer Partei die Ergebnisse des SPD-Parteitages: "Vom Sozialismus haben wir mit der DDR genug gehabt." CDU-Vize Jürgen Rüttgers warf dem Koalitionspartner vor, nach links abzudriften: "Das ist ein Linksruck, der da stattfindet in der SPD." Und CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer warnte die SPD, einen Bruch der Koalition zu riskieren. Die Beschlüsse des Hamburger Parteitags seien ein "verheerendes Signal gegen Wachstum und Beschäftigung".
Dass die in Hamburg verabschiedeten sozialpolitischen Pläne der SPD und ihre Beschlüsse zu Tempolimit und Bahn-Reform beim Koalitionspartner nicht gerade auf Freude treffen würden, war abzusehen. Die Schärfe der Reaktionen ist dennoch bemerkenswert, verdeutlichen sie doch eines: Trotz guter Umfragen scheint sich in der Union zwei Jahre vor der nächsten Bundestagswahl Nervosität breitzumachen.
Insbesondere drei Themen spielen dabei eine Rolle. Beim ALG I ist die Union grundsätzlich für eine verlängerte Auszahlung - eine Einigung mit der SPD scheint durchaus möglich. Die Lorbeeren dürfte allerdings die SPD ernten, deren Chef Kurt Beck das Thema in den letzten Wochen vorangetrieben hatte. Bei zwei anderen Themen sieht sich die Union in der Defensive: Beim Mindestlohn und der Bahn-Reform. Seit Monaten sperrt sich die Union gegen die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns - und damit gegen die Mehrheit der Wählerschaft. Denn die zentrale Forderung der SPD findet großen Rückhalt in der Bevölkerung. Problematisch könnte für die Union zudem ein Scheitern der Bahn-Reform werden. Das von der SPD beschlossene Modell der Volksaktie lehnt die Union mehrheitlich ab. Allerdings stellt sich die Bevölkerung auch in dieser Frage hinter die Vorstellungen der Sozialdemokraten. Und im Wahlkampf auf eine Privatisierung zu setzen, in der viele eine Zerschlagung der Bahn sehen, dürfte einigen in der Union wohl schwerfallen.
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