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Archiv-Artikel

Neonazis feiern in den Wahlkampf

Auf dem Pressefest der „Deutschen Stimme“ hat sich die NPD für die Wahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern in Szene gesetzt. 4.000 Nazis sprachen über „großrassische Gemeinschaften“ und den dritten Weltkrieg. 600 Gegendemonstranten

AUS DRESDEN MICHAEL BARTSCH

Vielleicht lag es an den Regenschauern: Nur etwa 4.000 Neonazis aus der gesamten Bundesrepublik kamen am Wochenende zum vierten Pressefest des NPD-Zentralorgans „Deutsche Stimme“ (DS) nach Dresden-Pappritz. Vergleichsweise wenig, denn das DS-Pressefest ist neben dem Rudolf-Heß-Marsch und dem Dresdner Zerstörungsgedenken einer der drei Jahreshöhepunkte der rechten Szene in Deutschland. Im Hochland um den Dresdner Fernsehturm hatte die NPD dazu nach vielen Schwierigkeiten eine Privatwiese gemietet – fast in Sichtweite des Wohnhauses von Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU).

Auf der Wiese bildeten sich Menschenschlangen vor allem an den Bierständen der vielen renommierten Marken – darunter Holsten, Krombacher, Wernesgrüner oder Feldschlösschen. Die Kampagne „Keine Geschäfte mit Nazis“ hatte im Vorfeld die Unterstützung des Pressefestes durch Dienstleistungsfirmen angeprangert.

Bei den Festrednern, die indessen über die Wiese schallten, zeigte sich, wie sehr sich die NPD in direkte Nazitradition stellt. So zum Beispiel das ehemalige Waffen-SS-Mitglied Herbert Schweiger. Er beschwor die Verbundenheit „großrassischer Gemeinschaften“, erwartete einen dritten Weltkrieg, in dem es um das „Überleben der gesamten weißen Rasse“ ginge, und verabschiedete sich mit „Heil euch!“. NPD-Bundesvorsitzender Udo Voigt wetterte dagegen, dass Opel seinen Zafira im „immer noch besetzten Gleiwitz“ bauen wolle.

Der NPD diente das diesjährige Nazipressefest vor allem als Auftakt für den Wahlkampf in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Vorgestellt wurden Plakate, Werbematerial und eine neue Schulhof-CD. Die Plakate setzen im bekannten „Schnauze voll“-Stil auf frustrierte Wähler. Mit dem Slogan „Im Auftrag des Volkes! Den Bonzen auf die Finger hauen!“ ist der Mecklenburger Spitzenkandidat Udo Pastörs abgebildet.

Den Wahlkampf im Nordosten wird Holger Apfel, NPD-Fraktionsvorsitzender im Sächsischen Landtag, leiten. Auch sonst leistet der Dresdner NPD-Hauptstützpunkt personelle Hilfe für den mit 280 Mitgliedern recht kleinen Landesverband Mecklenburg-Vorpommern. Apfel versicherte auf dem DS-Fest aber, dass keinerlei finanzielle Zuwendungen aus den Mitteln der Landtagsfraktion fließen würden. Er kündigte an, im Wahlkampf auf öffentliche Großveranstaltungen und weitgehend auch auf Saalveranstaltungen zu verzichten. Stattdessen solle mit Infoständen auf der Straße „Aufklärung“ betrieben werden. „Die Bürger sollen erkennen, mit welchen politischen Gemeinheiten sie es zu tun haben“, so Apfel.

Die Hauptkundgebung begann mit einem szenischen Spiel, in dem „freie Völker aufstehen gegen den US-Imperialismus“ und symbolisch amerikanische Soldaten in die Flucht schlagen. In Reden und Gesprächen stand dem die auffällige Beschwörung einer neuen Allianz mit Russland gegenüber.

Pappritzer Einwohner nahmen vom martialischen Treiben auf der „Festwiese“ kaum Notiz. Tage zuvor hatten sie auf einer Versammlung ihrem Unmut bereits Luft gemacht und die Stadtverwaltung aufgefordert, das Pressefest zu verbieten. Das sei rechtlich nicht möglich, erklärte Annekathrin Bley vom Dresdner Ordnungsamt.

Dafür haben die Pappritzer ein Bürgerfest und die Antifa einen Gegendemonstrationszug organisiert. Doch der Regen hat wohl auch viele von ihnen abgehalten. Nur insgesamt etwa 600 Menschen protestierten auf diese Weise gegen das Nazitreffen. Knapp tausend Politzisten trennten beide Veranstaltungen.