: Neonazis bleiben – vorerst
Der Streit um den Heisenhof geht in die nächste Runde: Wegen eines Widerspruchs gegen das Nutzungsverbot können die Neonazis um den Hamburger Anwalt Jürgen Rieger vorerst bleiben
Der für seine rechtsextreme Gesinnung bekannte Hamburger Anwalt Jürgen Rieger braucht den Heisenhof im niedersächsischen Dörverden vorerst nicht zu räumen. Zum einen legte er vor dem Verwaltungsgericht Stade Widerspruch gegen das Wohnnutzungsverbot der ehemaligen Kasernengebäude ein. Nur wenn das Gericht das Verbot des Landkreises bestätigt, müssten die Heisenhof-Bewohner Jan Hus, Sascha Schüler, Daniel Fürstenberg und Matthias Schulz ausziehen. „Die Entscheidung“, erklärt Gerichtssprecher Hans-Joachim Gärtner, „dürfte Anfang 2005 fallen“.
Zum anderen stellte Rieger trotz der Verbotsbescheide detaillierte Bauanträge für das ehemalige Kasernengelände. Zwar sei er nicht der Auffassung, dass ein Antrag zu stellen sei, lässt Rieger den Landkreis wissen, aber „für den Fall, dass Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht zu der Auffassung gelangen sollten, dass doch ein Bauantrag erforderlich sei, wird dieser vorsorglich gestellt.“
Die Anträge bestätigen, was Rieger als Bevollmächtigter der Londoner „Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Limited“ angekündigt hatte. Für diese hatte er für 255.000 Euro das parkähnliche Anwesen mit vier Backstein- und Fachwerkgebäuden, Bunkeranlage und Schießstand erworben, um dort ein Fruchtbarkeitsforschungs-, Tagungs- und Wohnzentrum einzurichten. Jetzt erklärte der 57-Jährige, dass die Heisenhofer im „Herrenhaus“ für Tagungen die Küche weiter ausbauen wollen. Die nötigen Sanitär- und Schlafräume seien vorhanden und nutzbar. Im „Offiziersheim“ sollen die früheren Aufenthaltsräume den „Forschungszwecken der Stiftung dienen“. Gleich nach dem Kauf hatte Rieger verkündet, dass dieses kein Grund zur Beunruhigung sein müsste: „Nehmen wir mal an, wir würden dort Super-Arier im Reagenzglas erzeugen, dann belastet das doch niemanden.“ Die weiteren Räumlichkeiten des „Offiziersheim“ und des „Pumpmeisterhauses“ sollen zum Wohnen instandgesetzt werden.
Die eingereichten Bauanträge seien derzeit allerdings nicht prüfungsfähig, sagt der Verdener Oberkreisdirektor Werner Jahn. Noch seien die Unterlagen nicht vollständig und ungeklärt, „ob Rieger oder die Stiftung“ der Bauherr ist.
In der Schwebe ist derzeit außerdem die Frage, ob Rieger seine Wehrmachts- und Militärfahrzeuge auf dem Heisenhof unterstellen und Tagungen auf dem Gelände abhalten darf. Gegen entsprechende Verbote hat Rieger ebenfalls Widerspruch eingelegt. Bis zu einer Entscheidung des Landkreises im Januar braucht er nicht zu räumen. Allerdings geht Oberkreisdirektor Jahn davon aus, dass Rieger jedes Rechtsmittel nutzen wird, um seine Interessen durchzusetzen. Er stellt sich auf einen langen Rechtsstreit mit Rieger ein. „Es ist ein langer verwaltungsrechtlicher Weg, bevor etwas endgültig entschieden ist“, sagt Jahn. „Das ist erst der Anfang einer unendlichen Geschichte.“
Andrea Röpke / Andreas Speit