Nein zur Judenmission: "Die Maulsperre gibt es nicht"
Der Zentralrat der Juden missbilligt die Judenmission und kritisiert Papst Benedikt XVI. Es gebe "Zweifel an der Glaubwürdigkeit".
BERLIN taz | In Deutschland blicken Juden und Katholiken wegen einer Debatte um die sogenannte Judenmission besonders kritisch auf die Reise des Papstes nach Israel. In einem Gespräch mit der taz tadelte der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, in diesem Zusammenhang den Papst: "Man kann ihn nicht an seinen eigenen Maßstäben messen." Kritik am deutschen Episkopat äußerte auch der Vorsitzende des Gesprächskreises "Juden und Christen" beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), Hanspeter Heinz. Man lasse sich bezüglich der Judenmission den Mund nicht verbieten. "Die Maulsperre gibt es nicht. Da denken wir schon mit", sagte er der taz.
Hintergrund des Streits ist ein Papier, das der ZdK-Gesprächskreis im März veröffentlichte. Darin sprach er sich klar gegen Missionsversuche der katholischen Kirche bei Juden aus - der Titel des Papiers sagt alles: "Nein zur Judenmission", lautet er. Die Judenmission wird angesichts des Holocaust und der vergleichsweise geringen Zahl der Juden weltweit vor allem von jüdischen Organisationen massiv abgelehnt. Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, der die deutsche Bischofskonferenz leitet, bemängelte das ZdK-Papier. Es offenbare "theologische Defizite". Außerdem sei eine Klärung dieses theologischen Themas "dem kirchlichen Amt vorbehalten". Heinz sieht diese Aussagen auch vor dem Hintergrund des Gerangels des Zentralkomitees der katholischen Kirche mit den Bischöfen um die Nachfolge des scheidenden ZdK-Präsidenten Hans Joachim Meyer. "Die Nerven liegen blank", sagte er.
Kramer vom Zentralrat der Juden sah den Konflikt zwischen ZdK und Bischofskonferenz um die Judenmission als einen "Stellvertreterkrieg". Offenbar versuchten einige Bischöfe, die eigene Laienorganisation zu drangsalieren. Mit Blick auf die Papstreise kritisierte Stephan Kramer, dass Papst Benedikt XVI. sich bezüglich der Williamson-Affäre nach wie vor nicht an die eigenen Ultimaten halte. So sei der Holocaustleugner Richard Williamson immer noch teilrehabilitiert, ohne seine Leugnung des Massenmordes an den Juden zurückgenommen zu haben. Hier erwachse ihm "Zweifel an der Glaubwürdigkeit" des Papstes, sagte Stephan Kramer.
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