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■ Nebensachen aus São PauloSchwamm drüber

Wirklich hübsch. Die Türen schimmern schwarz, die Wände sind frisch gestrichen. Nach über einem Jahr Renovierungsarbeiten wird diese Woche Pavillon Nr. 9 des größten Gefängnisses von São Paulo, Casa da Detencão, wiedereingeweiht. Im Oktober 1992 hatten die Wände noch anders ausgesehen, als Militärpolizisten nach einem Aufstand 111 Gefangene erschossen. Das Blutbad schockte damals die ganze Welt – außer Brasilien.

Die Mühlen der brasilianischen Justiz mahlen langsam. Frühestens 1995 wird die Aburteilung der 120 wegen „Körperverletzung“ und Mord angeklagten Polizisten beginnen. Schwamm drüber: Die 318 frischgestrichenen Zellen mit Dusche und WC sollen als Modell der Resozialisierung gelten, aber nur für Gefangene mit „guter Führung“.

Vorbei sind also nur hier die Zeiten, die der Schriftsteller William de Silva – der mehrere Jahre in der Casa de Detencão verbrachte – so beschrieb: „Es taucht eine Zeitung auf, die ich abwechselnd lese, als Matratze, Wolldecke, Fächer, Waffe gegen Ratten und Insekten und – Gipfel des Luxus – als Klopapier benutze.“ In dem Modellknast sollen in Zukunft 1.500 Insassen sitzen – zu den Zeiten des Aufstands waren es 2.069, alles Männer.

Vorbei sind sie also nicht, die Zeiten, in denen Gefangene in überfüllten Zellen haufenweise ersticken, in denen „die Elemente“, wie Brasilianer sie gerne nennen, sich mit ihren Unterhemden an die Gitterstäbe festbinden, um beim Schlafen weniger Platz in Anspruch zu nehmen. Auf den 51.000 Haftplätzen Brasiliens türmen sich 126.000 Gefangene.

Besser als die haben es zum Glück jene 300.000 Verurteilten, die beim besten Willen nicht mehr reinpassen und daher frei herumlaufen dürfen. Oder doch nicht? „Sie“ nämlich sind, glaubt man der hiesigen Presse, für die Gewalt in den Städten verantwortlich; „sie“ provozieren regelmäßig die Diskussion um eine Wiedereinführung der Todesstrafe.

Eigentlich überflüssig. Polizei und Gefängniswärter leisten ja, wie man sieht, einen wesentlichen Beitrag zur „Vernichtung von Verbrechern“ – nicht erst seit dem Massaker vom Oktober 1992. Astrid Prange

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