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■ NebenkriegsschauplätzeMilosevic, immer für eine Ausrede gut

Es hätte der ehrenvollste Tag im Leben des Romolo Proietti werden sollen: Weil er mehr als ein Vierteljahrhundert treu und ergeben beim Energiekonzern ENEL ausgeharrt hat, sollte der Elektriker zum „Cavaliere del lavoro“ ernannt werden, eine Art Verdienstorden für Menschen, denen eine besondere gesellschaftliche Bedeutung zuerkannt wird. Und nun ist alles geplatzt.

Vor zwei Wochen sollte der Ritterschlag durchgeführt werden, Romolo samt Familie war nach Siena geladen, danach sollten die Neu-Cavalieri bei einer Art Riverboat-Shuffle entlang der tyrrhenischen Küste feiern. Doch am Vorabend, Romolo hatte Anzug und Accessoires schon eingepackt, brachte ein Kurier einen Brief: Nichts da, keine Ordensverleihung, kein Titel, keine Feier. Grund: der Krieg im Kosovo.

„Kein Anlaß zu ausgelassener Heiterkeit“, hatte der Referent im Amt des Staatspräsidenten befunden. Daß die Inthronisierung des neuen Staatsoberhaupts vor drei Wochen mit einem Riesenfest gefeiert wurde, hatte der Mann offenbar verdrängt.

Wo immer man derzeit Ausreden braucht in Italien – der Kosovo-Krieg ist dafür immer gut. Bei der gerichtlichen Auseinandersetzung über den nächtlichen Lärm des neuen Flughafens von Mailand führen die Betreiber die Mehrbelastung durch umgeleitete Flüge als Grund für den nächtlichen Krach an – als ob das Verfahren nicht bereits seit November vorigen Jahres anhängig wäre. Verzögerungen im Eisenbahnverkehr, überraschende Stauungen auf der Adria-Autobahn – immer findet sich etwas, was sich auf den Oberteufel Miloevic zurückführen läßt. Sogar die ansehnliche Verspätung einer Überweisung wurde dem Korrespondenten seitens der Bank mit Kriegswirren begründet: „Vor lauter Spendenabwicklungen kommen unsere Sachbearbeiter leider schon gar nicht mehr zu den regulären Gutschriften.“

Nun ist der Krieg vorbei, man könnte wieder normale Bedingungen erwarten. Ordensaspiranten haben deshalb schon mal untertänigst nachgefragt, wann man die Ritterehrung denn nun nachholen wolle. Doch das wird wohl noch lange nichts. „Erst mal sehen, ob der Frieden wirklich Bestand hat“, kam die Antwort. Und das kann, Miloevic sei Dank, ja wohl noch geraume Zeit dauern. Werner Raith

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