Nebenjob eines Springer-Chefs: Döpfner dreht für die ARD

Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner ist auch noch freier Mitarbeiter. Für die ARD macht er einen Film über einen engen Freund: Den Verleger Lord Weidenfeld.

Tausendsassa: Mathias Döpfner. Bild: dpa

Der britische Verleger George Weidenfeld ist in Deutschland eher Eingeweihten ein Begriff: Er berät diverse Unternehmen und ist Schirmherr des nach ihm benannten IJP-Stipendiums, mit dem sich jährlich britische JournalistInnen in deutschen Redaktionen tummeln und umgekehrt. Auf der Insel gehört Weidenfeld dagegen zum Establishment: Als schillernder Nestor der Verlagswelt, "oft verheirateter Frauenheld" und "abstinenter Partylöwe" (Daily Telegraph). Und ganz nebenbei als unermüdlicher Netzwerker in diplomatischer wie eigener Sache.

1976 hatte die britische Königin den gebürtigen Wiener zum Baron Weidenfeld of Chelsea geadelt. Dort, direkt am Ufer der Themse, wohnt Seine Lordschaft, wenn er nicht, wie so oft, gerade auf Reisen ist. Genug Stoff für ein Porträt, das der NDR derzeit über den 88-Jährigen produziert, der 1938 vor den Nazis nach Großbritannien flüchtete. Es soll 2008 in der ARD laufen.

Weidenfeld stellt zwar hierzulande noch eine weitgehend unbekannte Größe dar - der Autor des Films dagegen keineswegs: Es ist Springer-Chef Mathias Döpfner, 44. "Mathias Döpfner ist seit Jahren eng mit Lord Weidenfeld befreundet", heißt es dazu bei Europas größtem Zeitungshaus. "Aufgrund dieser Nähe wurde er vom NDR gebeten, an dem Projekt mitzuwirken." Der NDR bestätigt, man habe "Döpfner verpflichtet, weil er Lord Weidenfeld seit vielen Jahren kennt und einen persönlichen Zugang zu ihm hat".

Verantwortlicher Redakteur für den freien ARD-Mitarbeiter Döpfner ist Thomas Schreiber, der Weidenfeld aus seiner Zeit als London-Korrespondent kennt und Erfahrung mit vorübergehend öffentlich-rechtlich beschäftigten Medienmächtigen hat: Auch die ARD-Dokus von Spiegel-Chef Stefan Aust zur RAF fielen in sein Ressort. Schreiber sagt, Döpfners Hauptjob habe bei dem Projekt keine Rolle gespielt: "Ich habe nicht den Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer AG, sondern den Journalisten Mathias Döpfner gefragt." Natürlich sei der Film ein Experiment mit offenem Ergebnis - "nur weil einer an anderer Stelle Chef ist, heißt das doch nicht, dass man sich nicht professionell über ein Projekt verständigt".

Auch die Nähe von Weidenfeld und Döpfner - der Lord schreibt eine regelmäßige Kolumne für Springers Welt am Sonntag, sitzt im Beirat der Axel-Springer-Akademie und gehört bei allen wesentlichen Verlagsempfängen zu den Ehrengästen - spielt aus Sicht der Macher keine Rolle: Eine Liebeserklärung müsse ja nicht unkritisch sein, sagt Schreiber, seit Mai Leiter des Programmbereichs Fiktion und Unterhaltung beim NDR und zuvor Kulturchef des Senders.

Vorsichtig formuliert finden das nicht alle beim NDR gut - zumal sich ARD und Verlegerzunft eben noch wegen der Online-Pläne der Öffentlich-Rechtlichen fetzten. Und Springers Publikationen, allen voran Bild, einen aus Konzernsicht nicht ganz uneigennützigen Umgang mit Themen wie der Rundfunkgebühr pflegen. Springer ist schließlich an Privatsendern beteiligt.

Dem Lord, der als so mitteilsamer wie schwieriger Interviewpartner gilt, dürfte die Kontroverse über sein Porträt vermutlich eher Spaß machen: Nach seiner Emigration arbeitete George Weidenfeld als Kommentator für die BBC, einmal musste er für den deutschen Dienst sogar Hitler nachahmen, da die Originalaufnahme einer Rede des Diktators nicht vorlag. Nach dem Krieg gründete er den Verlag Weidenfeld & Nichols, der sich vor allem mit Büchern zur Zeitgeschichte und Biografien großer Staatsmänner einen Namen gemacht hat. Sein jüngster Scoop war 2005 "Memory & Identity" - Autor: der inzwischen verstorbene Papst Johannes Paul II.

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