Nazi-Musik auf iTunes und bei Amazon: Horst, Du hier?!

Es ist nicht das erste Mal, dass Nazi-Musik auf iTunes und bei Amazon zum Download angeboten wurde. Nur war jetzt auch das verbotene "Horst-Wessel-Lied" dabei.

Sieht bunt aus, hat aber auch seine braunen Seiten: Apples Online-Musikplattform iTunes. Bild: ap

BERLIN taz | Erst diente es der SA als Kampflied, anschließend der NSDAP als Parteihymne, dann kam lange nichts – nun kursiert das in Deutschland verbotene "Horst-Wessel-Lied" seit einiger Zeit wieder im Internet. Allerdings nicht, wie zu vermuten wäre, nur auf einschlägigen Nazi-Seiten: Auch die deutschen Ableger von Apples iTunes Store und von Amazon boten das Lied zum Download an, wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtete.

Es sollte nie wieder auf deutschem Boden gehört, geschweige denn gesungen werden - seit mittlerweile 65 Jahren gilt das Verbot. Zunächst durch eines der ersten Gesetze der Alliierten, später durch den Paragraph 86 und 86a des Strafgesetzbuches. Dort geht es um die verbotene Verbreitung von Propagandamitteln, die dazu bestimmt sind, "Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen": Hier ist auch das "Horst-Wessel-Lied" zu verorten.

Beim Marktführer des Internet-Versands sei das Lied mindestens in einem Musik-Album enthalten gewesen, auf der weltgrößten Online-Musikplattform sogar in fünf. Eines davon habe den Titel "SS Schutzstaffel" getragen - und sei bereits 2008 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien auf den Index gesetzt worden.

Das mit "Märsche und Soldatenlieder der Wehrmacht Vol. 2" betitelte Album auf der Seite Amazons wurde laut Pressesprecherin Veronika Merkle "unverzüglich nach Kenntnisnahme von der Website entfernt". In den Teilnahmebedingungen für Lieferanten und Partner fänden sich Regelungen, die das Anbieten gesetzeswidriger Musik verböten. Werde man von Dritten auf einen Verstoß hiergegen hingewiesen, entferne man die entsprechenden Titel umgehend. Wachsame Kontrolle hört sich anders an.

"Die Alben und Lieder wurden entfernt", verkündet auch Georg Albrecht als PR-Chef von Apple in seiner knappen Stellungnahme. Wie die Nazi-Musik jedoch überhaupt in das iTunes-Angebot gelangen konnte, wie lange sie dort verfügbar war und wie oft sie heruntergeladen wurde, will die Pressestelle Apples nicht erklären.

Dabei ist dies nicht der erste Fall. Etwas mehr als zwei Jahre ist es her, da konnten sich Interessierte bei iTunes Musik von "Landser" herunterladen. Die rechtsextreme Gruppe gilt als die bundesweit bekannteste und erfolgreichste. Als erste Band wurde sie 2005 vom Bundesgerichtshof als "kriminelle Vereinigung" eingestuft und verboten. Vor ziemlich genau einem Jahr die nächste Meldung: Auf iTunes wurde eine Zusammenstellung nationalsozialistischer Lieder unter dem Namen "Third Reich's Military Music Archives" angeboten – auch dort war das "Horst-Wessel-Lied" enthalten.

An anderer Stelle schreckt Apple nicht vor Eingriffen zurück: Erotische Inhalte werden mit großem Eifer bekämpft - selbst die Playboy-App fürs iPhone wurde zensiert. Auf die Durchsetzung und Einhaltung von deutschem Recht, dem die Nutzung von iTunes laut Nutzungsbedingungen unterliegt, scheint Apple jedoch nicht allzu viel Zeit zu verwenden.

Ob eine rigidere Kontrolle der deutschen Angebote von iTunes oder Amazon allerdings einen wirklichen Nutzen hätte, ist unklar. Denn der Weg ist nicht weit bis zur nächsten prominenten Stelle im Internet, an der neben der CD "Third Reich's Military Music Archives" der Button "Buy MP3 album with 1-Click" blinkt. Wo? Auf der US-amerikanischen Seite von Amazon. Horst Wessel kann kommen.

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