Nazi-Immobilien: Zuschlag geht nach rechts
Ein Freund des Mecklenburgischen NPD-Fraktionschefs Udo Pastörs wird neuer Eigentümer des Lübtheener Volkshauses. Das Dorf erhält damit seinen zweiten braunen Anstrich
Lange brodelte die Gerüchteküche in Lübtheen um den Käufer des Volkshauses. Jetzt weiß man: Der neue Eigentümer des ausgedienten Tanztempels mitten in der mecklenburg-vorpommerschen Kleinstadt heißt Philipp Steinbeck, Gutsherr aus Jessenitz und Freund des NPD-Fraktionschefs Udo Pastörs.
"Wir hoffen natürlich, dass aus dem Volkshaus nicht ein rechter Treff entsteht", sagt die parteilose Bürgermeisterin Ute Lindenau. Bereits nach der Landtagswahl 2006 eröffnete Pastörs mitten im Ort das erste NPD-Bürgerbüro des Landes. "Leute gehen da auch hin", weiß Lindenau. Jetzt befürchtet sie, dass durch den Verkauf noch mehr Rechtsextreme in die Lindenstadt gezogen werden. "Diese Truppen können eine ganze Stadt zugrunde richten", sagt sie.
Monatelang lief ein Immobilienpoker um das heruntergekommene Volkshaus, in dem jetzt ein Spielsalon ansässig ist. Die früheren Besitzer des Gebäudes sollen sich zerstritten haben. Nach Angaben der Schweriner Volkszeitung bekannte Pastörs, dass das Gebäude ihn zwar reizen würde, das die kolportierten Kaufgerüchte jedoch barer Unsinn seien.
Beschwichtigend erklärt der neue Eigentümer Steinbeck jetzt gegenüber der Lokalpresse: Pastörs und seine Frau seien ihm "rein menschlich sehr sympathisch", auch wenn er deren politische Auffassung nicht teile.
Vor wenigen Jahren verkaufte der 1964 geborene Steinbeck bereits Anteile einer Baufirma an Pastörs. In Hamburg hatte er Kontakt zu den militanten Kameraden um Thomas "Steiner" Wulff, später arbeitete er bei der Fraktion der extrem-rechten "Deutschen Liga für Volk und Heimat" im Kieler Landtag. Im März 2005 kaufte der sich gern als Retter von Gutshäusern inszenierende Geschäftsmann mit einem Geschäftskollegen eine Schlossruine bei Grevesmühlen auf. Während Steinbeck in der Öffentlichkeit sein gutbürgerliches Erscheinen inszenierte und rechte Kontakte weit von sich wies, arbeitete allerdings Thomas Wulff in einer seiner Firmen. Dieser war damals noch im NPD-Bundesvorstand tätig und nach Bekanntwerden seines Arbeitsverhältnisses den Job bei Steinbeck schnell los.
Im Herbst 2007 verschätzte sich der Export-Kaufmann allerdings. Freundschaftlich begrüßte er den Neonazianwalt Jürgen Rieger bei einer Neonazikundgebung vor dessen Villa in Hamburg-Blankenese. Als er erkannt wurde, verschwand Steinbeck schnell zu den Kameraden in Riegers Haus.
Dass dank seiner finanziellen Unterstützung ein rechtes Zentrum entstehen könnte, streitet er ab: "Es gibt in der Präambel des Vertrags einen Passus, in dem steht: Jegliche Art politischer Veranstaltungen ist ausgeschlossen. Es werden rein gesellschaftliche und kulturelle Veranstaltungen von Leuten aus der Region sein." In der Vita klingt die vermeintlich abgrenzende Formulierung jedoch etwas ambivalent. Pastörs könnte vielleicht in den Räumen über regionale altdeutsche Bräuche referieren. Wie der Verfassungsschutz und das Innenministerium den Kauf einschätzen, ist unklar. Seit Freitagvormittag wartet die taz auf Antworten der Behörden.
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