Nadine Conti Provinzhauptstadt: Stromberg in der Staatskanzlei
Das Schöne an parlamentarischen Untersuchungsausschüssen wie dem in Niedersachsen zur „Gehaltsaffäre“ ist ja der Blick hinter die Kulissen. Weil den zu vernehmenden Zeugen alles mögliche an E-Mails und Aktenvermerken und Kalendereinträgen vorgehalten wird, bekommt man endlich einmal mit, wie Verwaltungen so ticken, wie viele Pirouetten so interne Abstimmungsprozesse drehen müssen, aber auch, was da für Menschen am Werk sind. In den besten Momenten ist das wie „The Office“ oder „Stromberg“ gucken. Inhaltlich kommt dieser Untersuchungsausschuss hier aber leider nicht so recht vom Fleck, scheint mir, man fängt an, sich mit Rechtsgutachten zu bewerfen und verliert sich in den Untiefen des Tarifrechts. Schade eigentlich. Das ist halt das Schlimme an Untersuchungsausschüssen: Die Phasen, in denen es mehr darum geht zu gucken, wer jetzt überhaupt noch Sitzfleisch und Konzentrationsvermögen aufbringt.
Ein Aspekt, der eher am Rande eine Rolle spielt, ist die Einstufung nach Berufserfahrung. Die CDU wirft der Staatskanzlei vor, Weils Büroleiterin von vornherein zu hoch eingestuft zu haben, das gäbe ihre geringe Berufserfahrung und der auf dem zweiten Bildungsweg erworbene Master gar nicht her. Ich fand diese automatische Gehaltserhöhung alle paar Jahre ja schon immer etwas seltsam. Einerseits ist das natürlich so: Kluge, erfahrene Kollegen sind ihr Gewicht in Gold wert. Ich kann mich an Dutzende Situationen erinnern, in denen sie mir mit ihrem Wissen und ihren Nerven den Allerwertesten gerettet haben. Andererseits belohnt das System aber natürlich auch oft nicht ganz so hilfreiche Kollegen. Sondern die, die vor allem viel Erfahrung darin sammeln, sich vor der Arbeit zu drücken. Oder die, die immer mit beiden Füßen auf der Bremse stehen, sich jeder Neuerung verweigern, die Früher-war-alles-besser- und Das-machen-wir-schon-immer-so-Fraktion. Vor allem in Bereichen, wo ein rasanter technologischer Wandel auf ein verfallendes Gehaltsniveau trifft, kann das ganz schön nach hinten losgehen. Plötzlich hat man junge Kollegen, die fünfmal so viel können, aber nur ein Drittel von dem einstreichen, was die „erfahrenen“ Kollegen kriegen. Im Grunde bräuchte man einen Ausgleichsfaktor, der Lern- und Leistungsbereitschaft oder Innovations- und Entwicklungsfähigkeit vergütet. Aber so etwas lässt sich natürlich nicht so schön in Dienstjahren messen.
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