Nachwuchshoffnung des Frauentennis: Schlag auf Schlag berühmt

Beim Turnier in Berlin offenbaren sich die Probleme des deutschen Frauentennis. Die erst 18-jährige Sabine Lisicki soll die darbende Branche retten.

Spiel, Satz, Sieg: So einfach ist das für Sabine Lisicki. Bild: ap

BERLIN Der Erwartungsdruck auf die Nummer 102 der Weltrangliste hätte kaum größer sein können. Als "unsere deutsche Hoffnung" wurde sie dem Publikum im Steffi-Graf-Stadion am Montag vorgestellt. Und im Vorfeld der German Open hatten die Veranstalter nicht wie ansonsten üblich mit den Gesichtern der Stars für das Tennisturnier in Berlin geworben, sondern mit dem Konterfei einer 18-Jährigen: Sabine Lisicki.

All dies schien die Lokalmatadorin bei ihrem Erstrundenmatch kaum in ihrem Leistungsvermögen zu beinträchtigen. Gegen die Israelin Shahar Peer, immerhin die Nummer 18 der Weltrangliste, arbeitete sie sich Schlag für Schlag ins Spiel hinein und beendete die Parte nach 80 Minuten mit einem Stoppball überraschend deutlich (7:5,6:1).

Wie immens die Belastung für Lisicki jedoch gewesen sein musste, ließ sich hernach ermessen. Ihr glückliches Strahlen schien durch einen überfüllten Presseraum. Immerzu musste sie lachen, dann wieder kicherte sie verlegen. Unangenehm war ihr der Rummel jedenfalls nicht. Offenherzig hatte sie einst gestanden, es zu genießen, im Mittelpunkt zu stehen. Dort könnte sie sich demnächst öfter vorfinden. Ihrem Verband dient Lisicki schon jetzt als Gallionsfigur. Der Druck aber, den sie sich selber mache, sei größer, sagt sie. Und äußerst selbstbewusst fügt sie hinzu: "Das hilft dem deutschen Tennis, wieder populär zu werden."

Wie ramponiert dessen Image derzeit ist, offenbarte das Ambiente auf dem Centre Court der German Open. Um dem seit Jahren zunehmenden Zuschauerschwund zu begegnen, hatten die Organisatoren zum Auftakt der Veranstaltung etliche Schulklassen eingeladen. Dennoch war die Arena mit etwa 1.000 Augenzeugen nur spärlich besetzt. "Liebe Zuschauer, liebe Kinder", begrüßte der Stadionsprecher das Publikum. Die lärmende Kulisse, die immer wieder vergeblich zur Ruhe ermahnt wurde, erinnerte eher an Bundesjugendspiele als an ein Tennisturnier von internationalem Rang.

Lisicki wollte sich deswegen nicht beklagen. Ihre Gegnerin habe das wohl mehr gestört, meinte sie. Aber allein dass sie spielen durfte auf der Anlage, wo sie in Deutschland stets trainiert, motivierte sie besonders.

Mit dem Erfolg gegen Peer hat sich Lisicki nun innerhalb von nur zwei Jahren in der Weltrangliste von Platz 497 bis in die Top 100 vorgearbeitet. Richtig auf sie aufmerksam geworden ist man in der Tennisszene allerdings erst bei den Australian Open im vergangenen Januar. Dort erreichte sie sensationell die dritte Runde. Weitere bemerkenswerte Ergebnisse folgten. Im Fed Cup besiegte sie die ehemalige Weltranglistenerste Lindsay Davenport. Und im März schlug sie in Miami erstmals eine Top-Ten-Spielerin, die Russin Anna Chakvetadze.

Die Erfolge der jüngsten Vergangenheit erklärt ihr Vater und Trainer, Richard Lisicki, vor allem mit der verbesserten Konstanz in ihrem Spiel. In diesem Bereich habe seine Tochter große Fortschritte gemacht. Auf die Frage, was sie denn auszeichne, nennt er nicht ihren harten Aufschlag, ihre starke Vorhand, oder ihre gut getimten Stoppbälle, sondern er hebt ihren unbedingten Siegeswillen hervor. Schon seitdem seine Tochter 14 Jahre alt ist, rede sie davon, dass sie die Nr. 1 der Welt werden will. Dieses Streben nach dem Allerhöchsten ist ihr in der Tennisakademie von Nick Bollettieri in Florida eingeimpft worden, in der sie sechs Monate pro Jahr trainiert.

Ansonsten übernimmt ihr Vater die sportliche Betreuung alleine. Am Montag sagte der promovierte Sportwissenschaftler recht unaufgeregt mit sanfter Stimme: "Jetzt geht es Schritt für Schritt weiter. Das ist der normale Weg." Man hat den Eindruck, dass in der Familie Lisicki äußerst genau an der großen Karriere gefeilt wird. Die kommenden Wochen werden die Planungen von zu Hause aus, dem Berliner Plattenbauviertel Hohenschönhausen, laufen. In diesem Jahr soll Lisicki noch unter die besten 50 kommen.

Diesem Ziel kann sie sich bereits bei den German Open deutlich nähern. Heute wird sie in der zweiten Runde gegen die Österreicherin Sybille Bammer, die Nummer 23 der Weltrangliste, antreten. Gemessen an Lisickis erstem Auftritt eine durchaus lösbare Aufgabe.

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