Nachtruhe in Kreuzberg: Gute Nacht, Görli!
Ein SPD-Mann plädiert dafür, den Görlitzer Park nachts einfach zu schließen. Sein Vorschlag ist in der Fraktion und überparteilich sehr umstritten.
Mitternachtsstunde im Görlitzer Park. Nichts regt sich. Fahrradfahrer und Fußgänger machen einen Bogen um die Grünanlage. Auch in der Umgebung ist es ruhig. Keine Drogendealer, keine Partygäste.
Eine Vision? Ginge es nach dem Friedrichshain-Kreuzberger SPD-Politiker Volker Härtig, würde die Zukunft des Görlitzer Parks genau so aussehen. In einem im Februar vorgelegten Positionspapier fordert er, den Park versuchsweise von Mitternacht bis sechs Uhr morgens zu schließen und das Betreten während dieser Sperrzeit mit 50 bis 100 Euro zu bestrafen. Außerdem solle die Zuständigkeit für den Park vom Bezirk an die landeseigene Grün Berlin übertragen werden. Auch der Ausschank von Alkohol in der Umgebung solle eingeschränkt werden, fordert Härtig.
Das Positionspapier ist in der SPD-Fraktion des Bezirks stark umstritten. Muharrem Aras, Vizechef der SPD Friedrichshain-Kreuzberg, distanziert sich von den Vorschlägen Härtigs und stellt klar: "Als langjähriger Anwohner ist Härtig sicherlich besonders betroffen von der regelmäßigen nächtlichen Ruhestörung im Park. Aber Parteimeinung und mehrheitsfähig ist das nicht."
Auch die Sprecherin der SPD Friedrichshain-Kreuzberg, Peggy Hochstätter, verweist darauf, dass die Forderungen Härtigs parteiintern diskutiert werden. Das Positionspapier habe Anlass zum Abwägen verschiedener Perspektiven gegeben. "Momentan wird um die Zukunft des Görlitzer Parks gestritten. Eine gesamtparteiliche Aussage gibt es dazu noch nicht."
Es gehe nicht darum, ruhige Gäste zu vertreiben. Vielmehr solle mit einer Parkordnung der nächtliche Aufenthalt der Gäste "gestaltet" werden. Eine Schließung komme nicht in Frage. Auch den Einsatz Ruhe stiftender Pantomimekünstler, wie sie erst kürzlich im Bezirk diskutiert wurden (taz berichtete), sei unwahrscheinlich, so Hochstätter. Man warte noch die Ergebnisse der für den Park eingesetzten Arbeitsgruppe ab, die bis spätestens 15. April der Antragskommission vorliegen müssen. Am 25. April entscheide dann die Kreisdelegiertenversammlung über das weitere Vorgehen im und um den Park.
Die CDU im Bezirk unterstützt Härtigs Forderungen teilweise: "Wir sind dafür, den Park zu umzäunen und die Eingänge zu kontrollieren, bis sich die Lage endgültig beruhigt hat", so Kreisvorsitzender Kurt Wansner. Kein vernünftiger Mensch ginge mehr durch den Park; von der "Begegnungsstätte der 80er Jahre, wo Menschen mit Migrationshintergrund und Anwohner zusammen kamen", sei nichts mehr übrig geblieben. Den eingeschränkten Alkoholausschank hält er für kritisch und nicht umsetzbar. "Wer soll das kontrollieren? Dieser Vorschlag ist von vorvorgestern." Die Übertragung der Zuständigkeit an Grün Berlin wäre Wansner zufolge eine "Bankrotterklärung": "Das würde bedeuten, dass die Grünen nicht dazu in der Lage sind, einen Park zu verwalten. Ich plädiere dafür, dass der Park in der Hand der Grünen bleibt und diese sich mit seiner Geschichte auseinandersetzen. Alles andere wäre eine Tragödie."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen