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SanssouciNachschlag

■ Interaktive Kunst in Volksbühne und Akademie der Künste

Zu hoch geschraubte Erwartungen ziehen oft große Enttäuschungen nach sich. Daran ist man selber schuld. Kommen derartige Verheißungen aber von den Veranstaltern, sind sie ärgerlich. „Otherspace“ und „Plasma“, zwei Projekte sogenannter interaktiver Kunst, werden seit dem Wochenende im Rahmen der Veranstaltungsreihe X'94 gezeigt. In der Akademie der Künste wurde die Bild-Ton-Installation „Plasma“ (laut Lexikon: flüssiger Teil des Blutes, leuchtendes Gasgemisch oder eine dunkelgrüne Abart eines Minerals) präsentiert. So sieht das, was sich dem Betrachter bietet, auch in etwa aus: Bilder auf einer flatternden Leinwand, von einer Kamera als Signale aufgenommen und von einem Computer in Bilder umgesetzt. Die Vorstellung vom eigenen buntverzerrten Abbild erfüllte sich nicht. Das Farbgemisch war nicht umwerfender als jede beliebige Diaprojektion. Auf der Postkarte zu der Ausstellung sah alles viel schöner aus...

„Otherspace“ war bei weitem spannender. Zwei Orte, die Volksbühne und die Akademie der Künste, wurden durch eine Computer-Leitung vernetzt. An beiden Orten soll jeweils eine Person mit einem Helm, bestehend aus Kopfhörern, Mikrophon und einer Minileinwand vor dem Gesicht einen virtuellen Raum betreten, den sie durch Bewegungen mit dem Kopf und einer Art Nintendo-Handschuh, der drei aktive Finger hat, verändern kann. Ziel ist die gemeinsame Beeinflussung des Raumes, der doch jeweils ein anderer ist, aber doch ein ähnlicher (so die Künstler). Das Publikum kann diese Veränderungen per Leinwand mitverfolgen. Gleichzeitig sollen die beiden Akteure über Mikrophon und Kopfhörer miteinander kommunizieren, was für die Außenstehenden aber unverständlich verzerrt bleibt. Der Traum von der virtuellen Realität wurde jedoch auch einen Tag nach der Eröffnung nicht wahr. Tatsächlich funktionierte nur die Riesenleinwand, auf der man zweifarbige Polygone (langgestreckte Dreiecksformen) sah, im Hintergrund unzählige Tangenten. Ohrenbetäubender Lärm erinnerte an Zoo-Besuche. In der Volksbühne sah es nicht besser aus: der Handschuh, das absolute must, war kaputt. Die Künstler hatten damit anscheinend keine Probleme: Gegen Klischees der virtuellen Welt wolle man vorgehen. Etwas Fertiges sollte nicht geboten werden. Katja Winckler

Bis 10.4. in der Akademie der Künste, Hanseatenweg, Tiergarten, und in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte.

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