Sanssouci
: Nachschlag

■ Eröffnung der Universal Hall in Moabit mit Maceo Parker

Der vergangene Freitag mag einige Moabiter Anwohner verstört haben: rudelartig durchstreiften Horden von wilden, partygerecht gestylten jungen Menschen ungeduldig ihren Stadtteil auf der Suche nach einem Ort, von dem hier noch niemand jemals etwas gehört hat, einer gewissen „Universal Hall“. Auch die verwöhnte Charlottenburger Jugend fand wenig Gefallen an der unfreiwilligen Erkundung dieses fremden Terrains, mit dem sie bislang lediglich zwecks Verwandtenbesuch oder TÜV-Prüfung in Berührung gekommen waren. Die beiden sich fremden Kulturgruppen werden sich aneinander gewöhnen müssen. Denn an diesem Wochenende eröffnete im ehemaligen Pumpwerk der Berliner Wasserwerke an der Gotzkowskystraße feierlich das „Gastronomie- und Erlebniszentrum Universal Hall“. Was zunächst nach Kegelclub mit angeschlossener Bierhalle klingt, entpuppt sich als luxuriös ausgestatteter Konzert- und Kinosaal, dessen modisch-kühle Gestaltung allerdings tatsächlich den Charme einer Squash-Halle ausstrahlt. Wo einst dampfbetriebene Pumpen ächzten, liegt nun blau-türkiser PVC-Boden aus; weiße Wände und Geländer aus glänzendem Stahl tilgen jegliche Erinnerung an die ursprüngliche Funktion des Gebäudes. Trotz dieses Zugeständnisses an die sich allerorts durchsetzende Neue Reinlichkeit im Bundesbahndesign gibt das erklärte Programm der Betreiber insgesamt doch Anlaß zur Hoffnung: Der SFB-Filmemacher Peter Krippendorff und sein Partner Knut Degen, die das Konzept entwarfen, wollen eine breit gefächerte kulturelle Nutzung der Halle. Ein Schwerpunkt soll dabei der Film bilden. Jedoch nicht im Sinne eines herkömmlichen Kinos, sondern als Vorführungsstätte von Filmklassikern und Diskussionsforum für Cineasten. Auftakt hierzu wird ein Treffen von 800 internationalen Filmemachern im April sein; schon im nächsten Jahr soll nach Willen der Betreiber ein Teil der Filmfestspiele hierher verlagert werden. Aber auch freie Theatergruppen und sonstige Alternativkunst sollen in dem Gebäudekomplex der Universal Hall beherbergt werden; die benachbarte ehemalige Generatorenhalle bietet kleineren Veranstaltungen Raum.

Einen erfolgreichen Auftakt zur Neueröffnung der Universal Hall lieferte am Freitag der Soul-Saxophonist Maceo Parker mit seiner Band: 1.100 zahlende Gäste erschienen trotz reichlich überzogenen Eintrittspreises (40 Mark), um den ehemaligen musical director bei James Brown auf der Bühne zu erleben. Während die versammelte Gemeinde der Berliner Konzertveranstalter neidvoll dem geglückten Start der neuen Konkurrenz beiwohnte, war dem erst kürzlich zu neuem Ruhm gelangten Maceo die Halle augenscheinlich eine Nummer zu groß. Wer den in der Hamburger „Fabrik“ gedrehten Konzertfilm „My First Name is Maceo“ gesehen hat, weiß, daß er am Freitag einen schlechten Tag gehabt haben muß: recht glatt und flau geriet seine Präsentation von „2 percent Jazz und 98 percent funky stuff“. Erst mit der Zugabe vermochte er dieses Versprechen einzulösen.

Als der Moabiter Stadtrat vor zweieinhalb Jahren dem Konzept der jetzigen Betreiber den Vorzug gegenüber zahlreichen Autohändlern gab, traf er eine weise Entscheidung. Quedlinburg ist zwar tausend Jahre alt, kann aber nicht eine Mehrzweckhalle aufbieten. Noäl Rademacher

Universal Hall, Gotzkowskystraße 22, Moabit