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■ Nachschlag„Letzte Nacht“ – eine iranisch-deutsche Produktion

Am Ende ist's, als wäre nichts geschehen: Wie in der ersten Szene sitzt Shahrzad (Sharifeh Banihashemi) an ihrer Schreibmaschine, Regengeräusche kommen aus dem Off, Autoscheinwerfer blenden auf. Aus dem Radio dringt eine unentwirrbare Stimmencollage, und Shahrzads Mann Mantuschehr (Hossein Daryani) ist ganz der zuvorkommende Gastgeber, wenn er den Besucher, Doktor Ahmad Afagh (Peyman Saedi), verabschiedet. Ob dieser nur ein unangekündigter Gast ist oder vielleicht doch jener Arzt, unter dessen Mißhandlungen Shahrzad zu leiden hatte, das läßt „Letzte Nacht“, die neue Produktion der iranisch-deutschen Theatergruppe Sara, offen.

Shahrzad, in ihrer Heimat inhaftiert und gefoltert, lebt im Exil, wo sie gemeinsam mit ihrem Mann daran arbeitet, die Menschenrechtsverletzungen in ihrem Herkunftsland zu dokumentieren. Als ihr Mann Ahamad Afagh ins Haus bringt, glaubt sie, ihren einstigen Folterer wiederzuerkennen und beginnt, die qualvollen Verhöre aus ihrer Vergangenheit neu zu inszenieren. Die Rollenverteilung wechselt: Mal ist Shahrzad, mal ist der Doktor das Opfer.

Was Imagination der Hauptfigur, was tatsächliches Geschehen ist, bleibt dabei unklar. Mitra Zahedis Inszenierung, die auf „Der Tod und das Mädchen“, einem Stück des chilenischen Autors Ariel Dorfmán beruht, scheut das Eindeutige, und dies mit gutem Grund: Weder läßt sich Ahmad Afagh eindeutig als Täter identifizieren, noch erfährt das Opfer Wiedergutmachung. Egal, ob Shahrzad vergibt oder bestraft, die qualvollen Erinnerungen bleiben.

Obwohl die Simultanübersetzung (gespielt wird auf persisch) in einem dialoglastigen Stück wie diesem anstrengt und die Gesten der Trauer und des Schmerzes stellenweise etwas konventionell ausfallen, leistet „Letzte Nacht“ deutlich mehr als ein Thesenstück, das allein von seinem Inhalt lebt. Indem die Inszenierung die Möglichkeiten des Spiels im Spiel ausreizt, verleiht sie dem schwierigen Stoff eine theatergerechte Entsprechung. Cristina Nord

Nächste Vorstellungen: 26./27.9., 20 Uhr, Werkstatt der Kulturen, Wissmannstraße 32, Neukölln.

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