■ Nachschlag: Jenni Zylkas Stand-up-Comedy plus Diashow im Kumpelnest 3000
Die Welt der Tiere birgt bestürzende Geheimnisse, die uns Grzimek und Sielmann immer verschwiegen haben und die wir damals auch noch nicht kennen wollten. Jetzt erzählt uns Jenni Zylka davon. Sie spricht von Katzen, deren Geist beim Gedichteschreiben verwirrt wird, und von Hasen, die ihr Fleisch den Menschen breitbeinig in Schaufenstern dartun. „Kaninchen – Schwanger zum Sex gezwungen“ nannte Jenni Zylka zwar reißerisch ihr Stand-up-Comedy- Stündchen zum zehnten Geburtstag des Kumpelnestes 3000. Doch sie trieb ihre Ideenfluchten dann gar nicht so wohlfeil in den schlechten Geschmack, wie es der Tierquältitel vermuten ließ.
Eigentlich ging es eher um die Geheimnisse der Menschen. Man sah Dias mit Zimmern, Alltagsdingen und mit Jenni Zylka in verschiedenen Lebensphasen – alles so verschwommen übrigens, daß der Charme des Dilenttantismus kaum mehr diskret war. Die Trash- Version ihrer Lebensgeschichte führte Zylka durch allerlei Mac- Job-Klischees und schnell darüber hinaus: Als Weddinger Straßenkind habe sie das Gewicht der Weddinger Passanten geschätzt, als Pharma-Probandin bei Schering Pillen geschluckt. Die Nebenwirkungen (“Mischung zwischen Déjà-vu und Amnesie“) dienen zu einer Reihe schriller Storys über Töpferwahn und Brustseminare. Schließlich ging sie nach Neukölln: „Ich dachte, da kannste vielleicht noch was reißen.“
Trotz unaufdringlichen Plaudertons folgen die Geschichten der Komödiantin und freien Journalistin nur scheinbar dem reinen Strom ihrer Gedanken. Während sich Fatzenmacher Helge Schneider (ab morgen wieder in der Arena) alle Zeit eines langen Abends nimmt, um seine Pointen zielsicher ins Leere zu treiben, hoppelt Zylka mit rasanten Hackenschlägen durch ihr bis oben volles Schatzkästlein vorbereiteter Miniaturen. Die Künstlerin verspricht zwar Authentizität: Ihre Bildershow sei so daneben, weil sie nicht fotografieren könne. Ihre Geschichten seien alle am Küchentisch erprobt. Doch das alles macht doch einen wohlkalkulierten Eindruck. Nur selten verhoppelt Zylka sich ein bißchen und bleibt bei einer allzu albernen Idee einige Dias zu lang. Sei's drum: In Zeiten, in denen Heino und Hannelore, Beavis und Butt-Head, Ede und Zimmermann zu Bad-Tast-Weihen kommen, kann man um die Subtilität Jenni Zylkas froh sein. Zumindest führt der Zustieg ins große Trash-Boot hier über munteres Zuhören. Basil Wegener
Das nächste Mal tritt Jenni Zylka bei einer Comedy-Party im Schleusenkrug, Müller-Breslau-Straße, am 8. und 9. August auf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen