piwik no script img

■ NachschlagUndine darf wirklich gehen – Lichtungen bleiben. In der Schaubude

Undine kam, spielte und ... siegte? Leider nicht. Was da in der Schaubude in Anlehnung an Ingeborg Bachmanns Text „Undine geht“ entstand, ist professionell auf die Bühne gebracht – aber langweilig. „Undine bleibt“, eine Collage von Juana-Maria von Jascheroff und Konstanza Kavrakova-Lorenz, feierte am Sonntag dennoch vielbeklatscht Premiere. Die beiden Frauen – erstere stand auch auf der Bühne – suchten in der Literatur. Und wurden fündig. Antworten, bedeutungsschwer, wurden aus Texten der Bachmann, von Heine oder Sachs auf die Bühne gebracht. Inszenierte Statements.

Pause und Szenen-, sogar Stückwechsel. „Lichtungen“, eine Biographie in Bildern über den österreichischen Schriftsteller Norbert Conrad Kaser von und mit Gerald Franz Krumpl, hatte gleichfalls Premiere. Kaser, 1947 als uneheliches Kind im katholischen Südtirol geboren, wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, war zeitlebens krank. Er scheiterte beim Abschluß des Gymnasiums, trat in ein Kloster ein, verließ es wieder, begann ein Kunstgeschichtestudium in Wien, ging nach Norwegen und versuchte sich in mehreren Berufen. Mit 31 Jahren starb er an Leberzirrhose. Zu Lebzeiten erschienen nur einige Texte in Anthologien und Zeitschriften, selbstkopierte Gedichtsammlungen verteilte er an Freunde. Erst nach seinem Tod 1978 wurde Kaser entdeckt, fand sein Werk Anerkennung.

Surrealistisch kommt die Inszenierung daher, arbeitet viel mit Licht und Schatten und – wir sind im Puppentheater – Puppen, besser: Figuren. Die Eltern spielen als Holzklötze mit angedeuteten Gesichtern mit. Krumpl tanzt, spricht, lacht, schreit mit ihnen. Schlägt sie schließlich. Weint und trinkt, ist für Momente glücklich, liebt als Ersatz für seine Liebste den Stuhl, trinkt und dichtet, liest und trinkt, hat Rauschzustände. Klasse, wie er nach durchzechter Nacht auf die Bühne kommt, anstatt des Kopfes und der Hände riesige Äxte trägt. Mach kaputt, was dich kaputt macht. Nur was? Die Eltern, die Schnapsgläser, sich selbst? „Weißt du“, sagt Kaser alias Krumpl, „daß deine Heimat dich umbringen kann?“ Andreas Hergeth

17. bis 19., 24. bis 26., 31.10., 20 Uhr, Schaubude, Greifswalder Str.81–84, Prenzlauer Berg

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen