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■ Nachschlag„Helgas Top(p) Musike“ – Fast echte Stars in der Freien Volksbühne

„Big Helga“, wie Helga Hahnemann von ihren Fans genannt wurde, war nicht nur Ulknudel und Berliner Kodderschnauze, sondern auch vom Erfolg lebende, ehrgeizige Entertainerin. So ehrgeizig, daß sie eine Show platzen ließ, wenn das Publikum nicht genügend Zwischenapplaus lieferte. Aber ganz Berlin kennt sie als die „größte Quasselstrippe vonne Welt“. Ehrgeiz und Ruf hätten ihr einen nahtlosen Karriereverlauf auch nach der Wende ermöglicht, wenn die Berufsberlinerin nicht 1991 im Alter von 54 Jahren an einem Krebsleiden gestorben wäre. Auch für die Uckermärkischen Bühnen Schwedt ist Helga Hahnemann „a really big one“. In Schwedt selbst und auf Tournee hieß die Revue, die jetzt in Berlin Station macht, „Live is Life – Schlager der 80er Jahre“. Aber für die Hauptstadt mußte ein Titel mit der gleichen Magnetwirkung her wie sie die „Henne“ hatte.

So nannte man die Revue wie Helga einst ihre beliebte Radiosendung: „Helgas Top(p) Musike“. Auf diesem Wege wird der H. H. nun eine Hommage zuteil. Ohrwurm-Stars wie Markus, Nena, Hubert Kah, Nicole, Klaus & Klaus oder Falco versüßten uns einst die Stunden und sollten dies als Double auch mit der Zwei-Stunden- Hahnemann-Huldigung tun. Schließlich durften sie ja – um die gute alte 60:40-Quote des DDR-Unterhaltungsbetriebs zu erfüllen (60 Prozent Ost-Musik, 40 Prozent West-Musik) – in den von Helga moderierten Sendungen und Shows sowie dem „Kessel Buntes“ singen. Renate Pick als Helga war von Anfang an überzeugend.

Dennoch dauerte es, bis der Hahnemannsche Schwung in die Kiste kam. Erst als der Regisseur Reinhard Simon alias Klaus Lage seine Truppe „Tausend mal“ berührend wachrüttelte, wechselten die Darsteller vom Karaoke- in ihr angestammtes Schauspielfach. Wunderschön schmalzig war dann das singende klingende Bäumchen Al Bano & Romina Power, vor allem Matthias Manz als tuntige Romina. Die ganze Revue ist eine schöne 80er Revival-Party mit fast echten Stars und nicht nur vom Band, sondern mit richtig guter Band. Hans-Christoph Stephan

20 Uhr, Freie Volksbühne, Schaperstraße 24 (noch bis zum 1.2.)

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