■ Nachschlag: Poetry-Slam-Größen kämpften im Tränenpalast mit der Müdigkeit
„Verwirrung der Sinne und Anstachelung zum kreativen Selbstversuch“, hatten die Veranstalter „Gute Worte“ zum „Poetry Dance Two“ am Freitag im Tränenpalast versprochen. Verwirrung herrschte schon beim Türsteher angesichts der schlecht organisierten Gästeliste, auf der sich gut die Hälfte des Publikums befand – im Kontrast zum ersten, gut gefüllten Poetry Dance war das Interesse recht spärlich ausgefallen. Die Moderatorin Kathleen Michaels erhob Verwirrung dann zum durchgängigen Motiv: zwischen „Rasselrascheln“ und „Volkshochschulbauchtanz“-Einlagen verhedderte sich die deutschsprachige Amerikanerin in ihren bilingualen und von peinlichen Blackouts begleiteten Anmoderationen.
Vollends verwirrte den Zuschauer noch die Programmstruktur. Das Poetry-Slam-hungrige Publikum wurde erst mal mit der originellen, nur thematisch völlig fehlbesetzten Country Blues Band „Blood on the Honky Tonk Floor“ konfrontiert und mußte dann überlange Umbaupausen ertragen. Anstatt mit der Band die Nacht ausklingen zu lassen, wurde um 2 Uhr nachts, also drei Stunden nach Programmstart, mit den Slams der amerikanischen Künstler geistige Schwerstarbeit gefordert. Da waren allerdings nach der ersten Hälfte des Programms gegen 1.30 Uhr die meisten Zuschauer an dem Rand der Konfusion oder gar ganz aus dem Saal getrieben.
Wer trotzdem durchhielt, wurde mit köstlichen Künstlern belohnt: Olaf Woelker amüsierte mit sarkastischem Wortwitz, Alexa Starlight trug mit innovativer Choreographie endlich zu etwas Sinnlichkeit im „Dance Part“ bei. Schließlich weckte Poetry-Slam-König und „Zentrifugal“-Rapper Bastian Böttcher den Zuschauer aus düsteren Sinnfragen auf. Für den kreativen Selbstversuch allerdings war der klägliche Rest des Publikums um 3 Uhr morgens zu müde oder zugedröhnt. Einer, auf den wohl beides zutraf, grölte als Antwort auf die Reime amerikanischer Poetry-Slam-Größen wie John Barton Epstein und Felicia K.: „Shut the fuck up.“ Traurig. Vielleicht schaffen es die Veranstalter ja, bei der nächsten Veranstaltung „Gute Worte“ auch gut umzusetzen. Patricia Caspari
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