■ Nachschlag: Hitler & Hollywood: Eine Erinnerung an die Epstein-Brüder im DHM
„Mythen der Nationen“ heißt eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum, zu der es auch eine Filmreihe gibt. Da gab es am Freitag noch mal „Casablanca“ von Michael Curtiz zu sehen. Curtiz, der ursprünglich Kertész hieß und aus Ungarn stammte, wie Peter Lorre, der einmal Laszlo Löwenstein war und in Casablanca eine kleine Rolle spielt. Lorre war vor den Nazis aus Deutschland geflohen und in Hollywood gelandet wie viele seiner Zunft, von denen man einige auch in „Casablanca“ wiedertrifft, Curt Bois zum Beispiel. Vor dem Film las Leslie Epstein aus seinem neuen Roman „Der Narr von Hollywood“. Leslie Epstein ist der Sohn und Neffe der legendären Zwillingsbrüder Julius und Philipp Epstein, die das Drehbuch nicht nur für „Casablanca“, sondern auch für viele andere Hollywood-Klassiker der 40er und 50er Jahre schrieben. Gelesen wurde ein Kapitel, das vom letzten „Casablanca“-Drehtag erzählt und davon, daß bis zum Schluß nicht feststand, wer nun mit Ingrid Bergman in das Flugzeug steigen würde: Rick oder Victor Laszlo.
Epsteins Roman handelt von Hitler und Hollywood, von den europäischen Emigranten in Amerikas (Alp)traumfabrik. „European sensibility as it meets the American popular culture“, beschreibt es Epstein selbst, bevor er zu lesen beginnt. Ein berühmter Theaterregisseur will in Salzburg die „Antigone“ inszenieren. In dem diktatorischen Charismatiker werden deutsche Leser eine Mischung aus Max Reinhardt und Fritz Lang erkennen, amerikanische Leser auch ein Stück Jack Warner. Aber weil von Beckmann – so heißt der Regisseur – ein Jude ist, wird nichts aus der Salzburger „Antigone“. Mit seinen Schauspielern (darunter auch Peter Lorre, aus dessen Perspektive der Roman geschrieben ist) geht er nach Amerika, wo die „Antigone“ schließlich realisiert wird: als Western.
Am Ende der kurzen Lesung gab es ein Gespräch, in dem auch die Anekdotenjäger auf ihre Kosten kommen. Jack Warner beispielsweise, der Arbeitgeber der Epsteins, schwärzte sie bei McCarthys „Komitee für unamerikanische Umtriebe“ an: „They are always on the side of the underdog!“ Worauf sie inquiriert wurden: „Waren Sie jemals Mitglied einer subversiven Organisation?“ „Ja“, war die Antwort. „Bei Warner Bros.“ Esther Slevogt
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