■ Nachschlag: Entlastung von Verpflichtungen – Sofa Surfers im Glashaus der Arena
Zu den Sofa Surfers kann man tanzen. Man kann sich aber auch gelassen zurücklehnen, zu Hause, Kaffe mit Schlagobers trinken und dort ihrer Musik lauschen. Und das Tolle daran ist: Irgendwie erledigt sich dann die Sache mit dem Tanzen. Diese Band entlastet von sozialen Verpflichtungen. Es gibt da draußen nichts mehr, was nicht verpaßt werden darf. Außer einem Konzert der Sofa Surfers natürlich.
Die Sofa Surfers machen sonnigen Dub, der an Bongo Sessions gebatikter Menschen mit nackten Oberkörpern in vergrillten Stadtparks erinnert. Da ist Drum 'n' Bass und Trip Hop, und da sind klassische Klischees wie der Klang der Glitzerästhetik aus den Siebzigern, Motive aus motorisierten Verfolgungsjagden in amerikanischen Vorabendserien. Swing, orchestrale Fanfaren aus dem Burgtheather und der Geist des Rock 'n' Roll werden mit Flanger-Effekten und dem Nachhall einer Melodie aus „Der Dritte Mann“ verbraten. Auch massentaugliche Tanzrhythmen kommen vor und lassen dann und wann an die blöde Vermarktungsmaschinerie denken, die Bands wie die Propellerheads ausgespuckt hat.
Den Trend hat sie also nicht verpennt, diese Band, die daher kommt, wo es Semmeln gibt. Sie haben sich in einem Außenbezirk von Wien gefunden. Einen Remix von Richard Dorfmeister gibt es außerdem. Auf diese elegante Weise daddeln sie auf der Welle des neuesten Hypes Elektronik mit, ohne wirklich so irritierend werden zu müssen wie die, die ihn erfunden haben. Sie sind hip, und sie sind cool, aber weil sie ihre vielen Anleihen nicht ganz mit Harmoniesucht verkleistern, machen sie unheimlich Spaß. Das liegt auch daran, daß in ihrer dichtgewebten Musik jazziger Freigeist durchbricht. Da kommen Instrumente vor, Analoges, Handgemachtes, Congas, Maracas, Schellenringe, Melodica und Mundharmonika, ein Piano und Saxophon, die, auch das nach Lust und Laune, unter den Bandmitgliedern ausgetauscht werden. In den flauschigsten Augenblicken plätschern sacht verzerrte Orgelsequenzen die Donau hinunter, hier raschelt ein ironischer Scratch und dort zwitschert eine schüchterne Flöte oder Vogelgesang, lauter kleine Geräusche, die hoffentlich im Konzert nicht unter den wuchtigen Grooves der Band untergehen werden. Susanne Messmer
Heute, 21 Uhr, im Glashaus der Arena, Eichenstraße 4, Treptow
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