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■ NachschlagGötz Alsmann auf dem Kreuzzug zur Emanzipation der Ukulele

„Schlager sind großartige Meilensteine der Unterhaltungsmusik“, sagte Götz Alsmann in der Fernsehsendung „Musiknacht“, die am Samstag zu später Stunde lief. War's ironisch gemeint? Seine eigenen deutschsprachigen Lieder paßten stilsicher zwischen die Jazzsongs von Gesangsgästen wie Maxine Weldon und Bill Ramsey. Auf seiner CD „Gestatten ...“ hat Alsmann zudem vergessene Perlen aus dem Schlagerbiotop wieder hörbar gemacht.

Gerne wird der eloquente Fernsehmoderator als Kultfigur gehandelt. Witz und Charme, hochstehende Tolle, vor allem aber Esprit und Schlagfertigkeit unterscheiden ihn vom Rest der Moderatoren. Der bekennende Münsteraner verfügt dazu über fundiertes musikalisches Wissen. In seiner Doktorarbeit „Nichts als Krach“ handelte er die Frühzeit des Rock 'n' Roll ab, als „Prof. Bop“ unterschrieb er Artikel und moderiert er immer noch Jazzsendungen im WDR-Hörfunk, mit „People Are People“ war er sogar in den Charts. Dann erkannte das Fernsehen sein Talent: in der „Spätnacht“ durfte er endlich etwas Musik spielen – und gerade als diese Sendung so populär war, daß sie vom 3. Programm in die ARD übernommen werden sollte, verschwand sie unerklärlicherweise ganz. Seit einem Jahr lädt Alsmann für „Zimmer frei“ Promis ein – zu seinem Frust ganz ohne Musik, denn „Musik will der durchschnittliche Quotenfernsehdeutsche nicht mehr, nach 30 Sekunden wird weggezappt“.

Am Freitag war das Spiegelzelt dennoch wenige Minuten nach Türöffnung voll besetzt. Geduldig warteten alle auf den gut gekleideten Entertainer „aus der westfälischen Tiefebene“. Seine deutschen Liedtexte unterlegt er mit swingendem Jazz mit einem besonderen Faible für lateinamerikanische Rhythmen. Da kündigt er ein Volkslied aus Kärnten an, singt „17 Jahr, blondes Jahr“, so vollkommen anders als Udo Jürgens. Er ist „auf dem Kreuzzug zur Emanzipation der Ukulele“ für das als Kindergitarre verunglimpfte Vollwertinstrument, singt dazu „Ich hab' mich so an dich gewöhnt“. Er deutscht amerikanische Popsongs wie „Rosetta“ und den „Mambo- Mann“ ein. Wie doof auch Texte made in USA sein können, führt er mit Eddie Fishers „Dungaree Doll“ vor, das in der Parodie zur „Latzhosenpuppe“ wird. Überhaupt: das beste sind Alsmanns persiflierte Titelansagen, meist länger als die Musik selbst. Dann zieht er irgendwo zwischen Kabarett und Stand-Up-Comedy über Nat King Cole, Karl Moik und seine lästigen Musikanten, Bully Buhlan und über die Hannoveraner her. Norbert Hess

Bis Mittwoch, 20.30 Uhr, Bar jeder Vernunft, Schaperstraße 24

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