: Nachruf für Hermann Prüser
NACHRUF
Für Hermann Prüser
Fast 89 Jahre alt wurde Hermann Prüser, der letzte KPD-Bürgerschaftsabgeordnete aus der Zeit vor der Nazi-Diktatur, ein Widerstandskämpfer und späterer Betriebsratsvorsitzender der AG-Weser. Er starb in der Nacht zum 18. Dezember.
Hermann Prüser wurde 1903 in Bremen in einer christlich geprägten Arbeiterfamilie geboren. Während seiner Lehre als Maschinenbauer auf der Atlas-Werft schloß er sich dem „Bildungsverein Jugendlicher Arbeiter und Arbeiterinnen“ an, der im Dezember 1918 zum Kommunistischen Jugendverband wurde. 1918 trat er dem Deutschen Metallarbeiterverband und 1919 der KPD bei, wo Prüser Jugendleiter wurde.
1928 wurde er in die Bremische Bürgerschaft gewählt. Als die Nazis nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933 auch in Bremen die Macht übernahmen und in einer Bürgerschaftssitzung am 10. März die Auflösung des Parlaments verlangten, nahm Hermann Prüser gegen die Anweisung seiner schon in die Illegalität gedrängten Partei an dieser Sitzung teil und hielt eine mutige Rede gegen den „Faschistischen Staatsstreich“. In der von SA umstellten Bürgerschaft klagte er den „Weißen Terror“ an, „wo kommunistische und sozialdemokratische Arbeiter von SA und SS viehisch gemordet werden“, und erklärte, daß die KPD weiter kämpfen werde, gegen den Faschismus, „trotz Polizeiterror, trotz Tod und Tränen und wir marschieren mit Rosa Luxemburg, mit Karl Liebknecht, und Ihr werdet uns nicht vernichten!“ Es war die letzte freie Rede in der Bremischen Bürgerschaft und die letzte Rede eines Kommunisten in einem deutschen Parlament für die nächsten 12 Jahre.
Hermann Prüser ging in den illegalen Widerstand, wo er unter anderem als Kurier nach Holland eingesetzt wurde. Im Juni 1933 festgenommen, wurde er in den Bremer KZ's Mißler und Ochtumsand bis Weihnachten 1933 inhaftiert. Mitte bis Ende 1935 kam er erneut in Haft. Danach fand er Arbeit bei der AG-Weser, wo er bis 1968 als Werkzeugmacher arbeitete. Auf der Werft nahm er an der Tätigkeit einer überparteilichen Widerstandsgruppe teil. 1945 wurde er Mitglied der „Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus“, war wieder für die KPD aktiv und zeitweilig zweiter Vorsitzender der Bremer IG-Metall.
1953 wurde Hermann Prüser zum Betriebsratsvorsitzenden der AG-Weser gewählt. Wegen politischer Betätigung als Betriebsrat — er hatte auf einer Betriebsversammlung eine Protestresolution gegen einen Stahlhelmaufmarsch verabschieden lassen — wurde er auf Antrag der Betriebsleitung abgesetzt, die dazu ein Urteil vom Bundesarbeitsgericht einholte. Wegen seiner Unterstützung der KPD-Gewerkschaftspolitik und seinem aktiven Verhalten beim Wertftarbeiterstreik vom Frühjahr 1953 schloß ihn die IG-Metall im November 1953 aus und nahm ihn nach vielen Auseinandersetzungen erst in den 60er Jahren wieder auf. Hermann Prüser trat bei der Wiedergründung 1968 wieder der DKP bei, der er bis zu seinem Tode angehörte. Bis in die letzten Jahre blieb er aktiv.
Er arbeitete zusammen mit seiner Frau Frieda im „Arbeistkreis Bremer Arbeiterveteranen“ mit, berichtete in Schulen und Veranstaltungen über Widerstand und Verfolgung und war bei vielen Aktionen der Antifa- und Friedensbewegung dabei. So war der bescheidene Mann mit der Werftarbeitermütze auch vielen Jüngeren bekannt. Mit Hermann Prüser, der die Übernahme von Parteiämtern ablehnte und sich nicht als kommunistischer Funktionär sondern als Basisarbeiter verstand, starb ein Stück der Tradition der alten Bremer Arbeiterbewegung. Die Trauerfeier findet am Montag, um 10 Uhr auf dem Waller Friedhof statt.
Heinz-Gerd Hofschen (SPD-Unterbezirk-Ost)
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