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Nachkriegsordnung in LibyenEin Ingenieur als Aufbauhelfer

Der Übergangsrat wählt einen Professor zum Regierungschef einer noch zu bildenden Regierung und entdeckt Gaddafis Senfgas. Die UNO fordert Sicherung der Waffen.

Der neue libysche Regierungschef Abdulrahim al-Kib (l.) wird von dem Vorsitzenden des Übergangsrates, Mustafa Abdul Jalil, zu seiner Wahl beglückwünscht. Bild: dpa

TRIPOLIS afp/dapd/dpa | Ein Wissenschaftler soll Libyen in die Zukunft führen. Der Nationale Übergangsrat, der das Land seit dem Sturz von Diktator Muammar al-Gaddafi regiert, wählte am Montagabend in Abdelrahim al-Kib zum neuen Übergangspremier. Auf den Ingenieurprofessor wartet ein Berg von Aufgaben, so die Bildung einer Regierung bis zum 23. November und die Vorbereitung der Wahl einer verfassunggebenden Versammlung acht Monate später.

Geboren wurde Kib 1950 in Tripolis, seine angesehene Familie stammt aus Sabratha im Westen des Landes. Als Oppositioneller verbrachte er einen Großteil seines Lebens im Ausland. Er machte seinen Doktor in Elektrotechnik an der Universität von North Carolina, 1985 lehrte er an der Universität von Alabama, dann arbeitete er für das Petroleum-Institut in den Vereinigten Arabischen Emiraten. 2005 gründete Kib die Internationale Gesellschaft für Energie und Technologie in Libyen.

Kib sei ein "Mann der Mitte, weder liberal noch islamistisch", heißt es im Übergangsrat. Gleich nach seiner Wahl, die er im ersten Durchgang mit 26 von 51 Stimmen für sich entschied, sagte Kib vor Journalisten, er wolle "eine Nation bauen, die die Menschenrechte respektiert". Kib kündigte an, Stabilität und Entmilitarisierung voranzutreiben. Wichtig sind auch die Abrüstung und die Integration der verschiedenen Rebellenfraktionen.

Hinzu kommen die jüngst entdeckten Giftgasbestände Gaddafis, die unschädlich gemacht werden müssen. Die Existenz zweier bislang geheimer Chemiewaffenlager Gaddafis war am Montagabend bekannt geworden. In beiden Lagern befand sich verwendungsfähiges Senfgas, in einem Fall habe es bereits in Waffen zum Einsatz bereitgestanden, bestätigte Jussef Safi al-Din, der unter Gaddafi für dessen Chemiewaffen zuständig war und dann für den Übergangsrat die C-Waffenbestände überwachte. Für eine angemessene Kontrolle und Sicherung fehlt es nach seiner Einschätzung an der richtigen Ausrüstung und an Geld. "Die modernste Ausrüstung, die wir besitzen, stammt aus dem Jahr 1980."

Am Montag hatte der UN-Sicherheitsrat Libyen und seine Nachbarländer aufgerufen, gemeinsam die Verbreitung von Waffen aus Gaddafis Arsenalen zu verhindern. In einer einstimmig verabschiedeten Resolution forderte der Rat die libysche Regierung auf, zu verhindern, dass mobile Flugabwehrraketen und andere Waffen in die Hände von Terroristen fallen. Sie soll auch internationale Abkommen einhalten, in denen sich Gaddafi zur Zerstörung seiner Chemiewaffenbestände verpflichtet hatte.

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