Nachhaltiger Wintertourismus: Komfort schlägt Umweltschutz

Skisport wird nie komplett "grün" sein, der beheizbare Lift ist für den verwöhnten Gast oft wichtiger als der Erhalt der Piste. Doch es gibt auch andere Skigebiete.

Spaß im Schnee - da liegt der Gedanke an Umweltschutz fern. Bild: dpa

Skilifte fressen Strom und machen Krach, Schneekanonen und Pistenraupen zerstören die empfindliche Vegetation. Nicht ohne Grund gilt ein Skiurlaub in den Alpen als umweltschädlich. Dennoch ist eine Woche Skifahren im Jahr für viele Menschen ein Stück Lebensqualität, auf das sie nicht verzichten wollen. Gleichzeitig ist der Wintertourismus eine wichtige Einnahmequelle für viele Alpenregionen. Doch wie lassen sich Wintertourismus und Umweltschutz unter einen Hut bringen?

Um einen Weg für umweltverträglichen Skisport aufzuzeigen, hat die Stiftung Pro Natura – Pro Ski bereits 2003 einen Leitfaden für eine systematische Überprüfung und Bewertung von Skigebieten herausgegeben. Skigebiete haben die Möglichkeit, an einem Bewertungsverfahren durch die Stiftung teilzunehmen und sich zertifizieren zu lassen. "Immer mehr Skigebiete oder Seilbahnbetreiber kommen direkt auf uns zu, um ihr Umweltmanagement zu verbessern", sagt Alexandra Jiricka von der Universität für Bodenkultur in Wien und Mitarbeiterin von Pro Natura – Pro Ski. "Manche haben aber leider noch Angst vor zunehmenden Auflagen und verschärften Kontrollschemen. Demgegenüber tritt die Stiftung für freiwilliges Engagement ein."

Um den Skigebieten den schonenden Umgang mit der Natur schmackhafter zu machen, vergibt die Stiftung außerdem alle zwei Jahre einen Award für die Gebiete, die ein besonders gutes Umweltschutzkonzept vorweisen. Ende November lief die Bewerbungsfrist für 2011 aus. "Es gibt Bewerber aus dem gesamten Alpenbereich mit ganz unterschiedlichen Konzepten. Manche engagieren sich vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien, andere eher im Bereich Verkehr. Von ganz kleinen Skigebieten bis hin zu den Big Playern war alles dabei", so Jiricka.

Vielen Skigebietsbetreibern scheint klar geworden zu sein, dass ein Umdenken notwendig ist und sie zukünftig mehr Rücksicht auf die Umwelt nehmen müssen. "Dass es immer Konfliktpotential geben wird, ist klar", sagt Jiricka. "Es gibt jedoch viele Potenziale für eine umweltfreundliche Entwicklung durch Schneemanagement, den Einsatz von Photovoltaik oder umweltgerechtes Pistenmanagement, beispielsweise durch Biomassenutzung zur Energieerzeugung."

Im österreichischen Skigebiet Lech werden diese Potenziale teilweise schon genutzt. Daher haben die Skilifte Lech auch zusammen mit dem französischen Skigebiet Pelvoux/ Les Écrins den letzten Award von Pro Natura – Pro Ski gewonnen.

Die Liftbetreiber in Lech kümmern sich zum Beispiel darum, dass der Wald abseits der Pisten erhalten und gepflegt wird. Im Sommer werden die Pisten in Zusammenarbeit mit Landwirten nach den Maßstäben der Bio-Landwirtschaft bewirtschaftet.

Das Unternehmen beheizt seine Gebäude bereits mit Biomasse und saniert sie gerade energietechnisch. "Wir picken immer einen Schwerpunkt heraus, der dann im ganzen Unternehmen verbessert wird", so Christoph Pfefferkorn, Prokurist der Skilifte Lech. So haben die Skiliftbetreiber auch Solarpanele an der Talstation einer Bergbahn angebracht, mit denen Wasser erhitzt wird. An der Bergstation erzeugt eine Photovoltaikanlage Strom, der allerdings bei weitem nicht für den Liftbetrieb ausreicht. "Damit wollten wir in erster Linie ein positives Signal setzten und die vorhandenen Stationsflächen bestmöglich nutzen", sagt Pfefferkorn.

Doch letztendlich werden auch in Lech die Ansprüche der Gäste über den Umweltschutz gestellt. So sind bei den neueren Liftanlagen zum Beispiel die Sessel beheizbar. "Auf einen gewissen Komfort will der Gast nicht verzichten. Außerdem ist der Stromverbrauch minimal im Vergleich zum gesamten Liftbetrieb und wird über Photovoltaik gedeckt", erklärt Pfefferkorn. Doch Umweltschutz muss für die Gäste nicht Verzicht bedeuten. Von einigen Maßnahmen profitieren die Skifahrer sogar direkt. So limitiert Lech freiwillig die Anzahl der Skifahrer auf den Pisten. Nur Tagestouristen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen, bekommen auch dann noch einen Skipass, wenn die Kapazität eigentlich ausgeschöpft ist.

Auf öffentliche Verkehrsmittel und sanfte Mobilität setzt auch der Verein Alpine Pearls, ein Zusammenschluss aus 24 Urlaubsorten im gesamten Alpenraum. Der Wintersportort Werfenwang in Österreich ist einer von ihnen. Wer den Autoschlüssel dort während seines Urlaubs abgibt, erhält einen "sanft mobil – Vorteilspass" mit dem er unter anderem kostenlos mit Skibus und Pferdekutsche fahren kann. Auch Elektrofahrräder und Autos, die mit Biogas betrieben werden, können dann kostenlos genutzt werden.

Umweltschutzkonzepte dieser Art sind für Michael Pröttel von der Umweltschutzorganisation Mountain Wilderness zwar ein Schritt in die richtige Richtung, gehen aber längst nicht weit genug. "Oft stehen solche Maßnahmen in keinem Verhältnis zum Ausmaß der Zerstörung. Sinnvoller wäre eine freiwillige Selbstverpflichtung der Skigebiete, auf weitere Erschließungen zu verzichten", findet er. "Viele Skigebiete sind leider nach wie vor dem Größenwahn verfallen und bauen immer mehr Pisten und Liftanlagen." Ganz verzichten muss man aus Pröttels Sicht aber nicht auf das Skifahren: "Wir sind ja keine Spaßbremsen. Es geht um die Art, wie man den Skisport betreibt."

Ein allgemeingültiges Siegel, an dem Skifahrer umweltverträgliche Skigebiete erkennen könnten, gibt es bisher nicht. Dennoch gibt es einige Kriterien, nach denen Wintertouristen ihr Skigebiet auswählen können, um den Urlaub möglichst umweltverträglich zu gestalten: "Wenn keine künstlich beschneiten Pisten genutzt werden, nicht bei Flutlicht und ohne Beschallung gefahren wird, kann Skifahren in einem vertretbaren Rahmen stattfinden", rät Christian Stolz von der Alpenschutzkommission CIPRA.

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