■ Nachgefragt: "Frauen sind nicht nur Opfer!"
Zum 8. März eroberten Bremer Frauen das Parlament: Gewerkschafterinnen, Unorganisierte, Parteifrauen, Autonome, Lesben — weit über 200 Frauen aus ganz unterschiedlichen Zusammenhängen waren gekommen zum Thema „Gewalt gegen Frauen“, eingeladen vom Parlamentsausschuß zur Förderung der Gleichberechtigung der Frau. Maria Spieker, Grüne Abgeordnete, war eine der Organisatorinnen.
taz: Warum ausgerechnet ein Frauen“parlament“?
Maria Spieker: Wir wollten den Frauen Gelegenheit geben, sich dort zu äußern, wo sonst in der Mehrheit die Männer die Politik machen: Mehr Frauen müssen in die Parlamente! Immer wieder, gerade bei diesen Themen wie Gewalt gegen Frauen, verlassen Männer den Plenar-Saal, aus Desinteresse, oder weil sie nicht damit umgehen können — oder es ist der letzte Tagesordnungs-Punkt ohne Presse, ohne Aufmerksamkeit.
Naja, inzwischen gibt es 50% Frauen bei den Grünen, mehr als 40% bei der SPD, die sind doch nicht alle ohne Meinung oder Power! Ist das nicht ein Klischee?
Nein. In der Bürgerschaft sind die Männer noch klar in der Vorherrschaft, zahlenmäßig. Erfreulich ist, daß bei solchen Themen dann alle Frauen da sind und sich fraktionsübergreifend auch Aufmerksamkeit schenken. Ich war gestern beeindruckt, daß soviel Gemeinsames deutlich wurde, bei so viel unterschiedlichen Gruppierungen.
War diese große Einigkeit nicht trügerisch? Lag das womöglich am Motto „Gewalt gegen Frauen“? Alles war dann gleichermaßen Gewalt: die Nackedei-Zigarettenreklame und die Vergewaltigungen in Bosnien, und 'Männer hören nie zu und sind an der Macht'. Sind denn Frauen nur Opfer von Männergewalt, keine Handelnde, die in Funktionen arbeiten, ihre Stimme erheben, sich durchsetzen?
Ja, das war eine Begrenzung, so kann es nicht stimmen. Wir alle leben mit Männern, wir lieben Männer, und neben dem wichtigen Aufzeigen, wo Frauen von Gewalt betroffen sind, gab es auch Gleichsetzerei wie bei der Zigarettenreklame und Bosnien, das finde ich problematisch. Frauen sind nicht nur Opfer. — Wir haben gestern sehr beeindruckend gesehen, daß sich sehr verschiedene Frauen sehr bewußt zuhören können, bei allen Unterschieden — dafür möchte ich mich bedanken, das habe ich im Parlament noch nie so erlebt...
... Zuhören, eine weibliche Tugend...
Wir sind nicht alle gleich, und wir müssen uns streiten lernen. Wir sind nicht nur Opfer, auch Handelnde, übrigens auch Mütter von Söhnen! Fragen: S.P.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen