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■ NachgefragtJustiz nicht überlastet

Frank Lutz ist justizpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion und ärgert sich sehr über die Bremer Justiz. Schon wieder, so Lutz, seien sieben Personen aus der Untersuchungshaft entlassen worden, weil die vorgeschriebene Sechs-Monats-Grenze für die U-Haft überschritten worden sei. Lutz spielt dabei auf einen Fall an, der schon einige Wochen zurückliegt. Die Bremer Justizbehörde könne sich nicht mit Arbeitsüberlastung herausreden, notfalls müßten eben Überstunden gemacht werden, so Lutz. Wir fragten den Bremer Oberstaatsanwalt Hans Janknecht.

Wie kommt es, daß die Ermittlungsbehörden mehr als ein halbes Jahr brauchen, um dann doch nicht genügend stichhaltige Vorwürfe formulieren zu können?

Hans Janknecht: Es handelt sich um Verfahren aus dem Bereich der Betäubungsmittelkriminalität. Die Ermittlung in diesen Verfahren sind erfahrungsgemäß immer sehr schwierig und langwierig. Es hat wohl Verzögerungen in diesem Bereich gegeben, ob die aber der Staatsanwaltschaft anzulasten sind, das wird noch geprüft.

Die CDU hat in diesem Zusammenhang die Justizverwaltung insgesamt kritisiert. Ist die Justiz denn überlastet?

In Haftsachen darf es keine Berufung auf Überlastung der Strafverfolgungsbehörden geben, Haftsachen müssen absolut vorrangig bearbeitet werden. Das weiß jeder Staatsanwalt und er handelt danach. Daran hat es hier auch keineswegs gelegen.

Das heißt nicht, daß die Bremer Justiz überfordert ist mit der Fallzahl die sie zu bearbeiten hat?

Die Bremer Justiz ist mit Sicherheit sehr stark belastet, aber darunter darf die beschleunigte Erledigung von Haftsachen nicht leiden.

Im April sind schon einmal Häftlinge aus der U-Haft entlassen worden, weil die Frist überschritten war. Deutet das nicht doch darauf hin, daß die Bearbeitungszeit bei der Bremer Justiz ziemlich lang ist?

Das es zu Entlassungen durch das Oberlandesgericht in Haftsachen gekommen ist, ist keine Bremer Spezialität. Bedauerlicherweise ist das auch woanders vorgekommen, und zwar in einer größeren Zahl. Zum Beispiel in Düsseldorf, in Hamburg und auch in Frankfurt ist es in einer nicht geringen Zahl von Fällen zu Entlassungen gekommen.

Die Generalstaatsanwälte haben auf ihrer Jahrestagung darüber gesprochen. Wir führen das unter anderem darauf zurück, daß die Rechtssprechung in diesem Bereich die Anforderungen angezogen hat. Umfang und Schwierigkeit der Ermittlungen kann man so oder so auslegen. Nach einem Verfassungsgerichtsurteil ist die Meßlatte da höher gelegt worden.

Sitzen in Bremer Gefängnissen viele Beschuldigte länger als sechs Monate in Untersuchungshaft, ohne daß über Anklageerhebung entschieden ist?

Insgesamt zwischen fünf und zehn Beschuldigten. Fragen: J.G.

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