■ Nachgefragt: „Kollegen richtig sauer“
Wie ist die Stimmung in der Fraktion nach dem Mißtrauensvotum gegen Ralf Fücks?
Claus Dittbrenner, Fraktionschef der SPD:
Die Stimmung ist gemischt. Es gibt eine Reihe von Abgeordneten, die mit dem zusätzlichen Debattenbeitrag (von Reinhard Barsuhn, d.Red.) vorsichtig ausgedrückt nicht glücklich waren, weil wir heute morgen in der Fraktion von Bürgermeister Wedemeier den aktuellen Stand entgegengenommen haben, was die Rückholbarkeit des umstrittenen Gebietes angeht. Der Debattenbeitrag ist darauf nicht eingegangen, er war nicht aktuell, sondern älter. Ich hätte es besser gefunden, wenn man die aktuellen Informationen in den Beitrag hätte einflechten können. Das führt dazu, daß eine Reihe von Kollegen richtig sauer sind. Das müssen wir in der nächsten Woche diskutieren. Ich halte nichts von Schnellschüssen, obwohl das auch gefordert wird.
Was heißt Schnellschüsse?
Das heißt Konsequenzen.
Und die wären? Bei Abgeordneten, die bei der nächsten Wahl nicht mehr auf der Liste stehen?
Die Konsequenzen sind, daß man sie ausgrenzt aus der Fraktion.
Jetzt ist die Situation eingetreten, von der man immer gesagt hat, daß man sie vermeiden will: Daß die Rechten das Zünglein an der Waage sind. Die fünf SPD-Dissidenten haben diese Situation ja mit herbeigeführt. Hat das bei den Diskussionen eine Rolle gespielt?
Nein, wir haben versucht, innerhalb der SPD-Fraktion unsere Entscheidung zu finden. Da interessiert es uns nicht, was rechts oder links von uns passiert.
Es bleibt die Tatsache, daß durch die fünf Abweichler eine Situation geschaffen wurde, in der die Rechten den Ausschlag gegeben haben.
Das ist aber nicht das Problem der SPD-Fraktion. Die Fraktion hat in dieser Frage überwiegend gestanden. Die Kollegen, die sich dieser Meinung nicht anschließen konnten, haben das weitestgehend von Anfang an gesagt. Das ist auch nichts Ungewöhnliches, in der Grünen-Fraktion und in der FDP-Fraktion gab es immer genug Leute, die eine Mehrheitsentscheidung gerade beim Mißtrauensvotum nicht mitgetragen haben. Da war der Punkt absehbar, wo auch in der SPD-Fraktion die Leute gesagt haben: jetzt nicht mehr.
Die Stimmen gegen Fücks waren ja auch Stimmen gegen Wedemeier. Waren das damit auch Stimmen gegen Rot-Grün bei der Wahl?
Das ist Ihre Interpretation. Das sehe ich so erstmal nicht. Innerhalb der Fraktionsdebatte war die Chance der Rückholbarkeit und die Chance, daß das passiert, der ausschlaggebende Grund. Und da glaubten die Kolleginnen und Kollegen, die für das Mißtrauensvotum gestimmt haben, dem Senator eben nicht.
Dem Senator Fücks?
Ja.
Aber auch nicht dem Bürgermeister Wedemeier.
Dann dem Senat.
Der Wahlkampf steht an. Ist das ein Zeichen dafür, daß es innerhalb der SPD eine Front gegen Rot-Grün und für eine große Koalition gibt?
Ich würde dieses Abstimmungsverhalten nicht auf irgendwelche Koalitionsaussagen projizieren. Das ist völlig verfrüht. Wir werden mit einer geschlossenen SPD einen starken Wahlkampf führen, alles andere entscheidet sich danach.
Die SPD ist geschlossen? Heißt das: Wer für eine große Koalition ist, der tritt vorher zu AfB über?
Es wird jezt in der SPD offiziell und nicht offiziell über Koalitionen nicht geredet. Wir wollen stärkste Fraktion in diesem Parlament werden. Fragen:bpo
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