piwik no script img

NachgefragtFreie Lehrstelle?

■ Arbeitsamt war zu Fuß in den Betrieben

34 Fach- und Führungskräfte des Bremer Arbeitsamtes schwärmten am Mittwoch – dem „Tag der Ausbildung“ – aus, um für neue Lehrstellen zu werben. 150 klein- und mittelständische Betriebe wurden aufgesucht; denn trotz der letzte Woche vom Senat geschaffenen 150 zusätzlichen Plätze (s. taz 14./15.9.) rechnet das Arbeitsamt bis November mit noch über 400 Bremer Jugendlichen ohne Lehrstelle. Auf insgesamt 51 zusätzliche Stellen summierten die Werber abends ihren Erfolg, teilte Detlef Stüwe, Abschnittsleiter der Berufsberatung, der taz mit.

Von der Berufsberaterin Ursula Sawitza wollten wir wissen, wie es ihr beim „Klinkenputzen“ erging.

taz: In welchen Betrieben waren Sie?

Ursula Sawitza: Ich war bei einem Zahnarzt, in einem Großhandelsunternehmen im Hafen, bei einem Orthopädiemechaniker und bei einem Floristen.

Diese Betriebe hatten Sie gezielt vorher ausgewählt?

Ja, weil wir vor allem im kaufmännischen Bereich noch suchen. Der Zahnarzt, der Orthopädiemechaniker und der Florist hatten bisher nicht mit uns zusammengearbeitet. Gerade solche Firmen wollten wir ja mit der Aktion auch ansprechen mit der Frage, ob sie uns nicht künftig freie Ausbildungsplätze melden können. Das habe ich auch erreicht, aber nicht für dieses Jahr. Ich habe nicht eine einzige Ausbildungsstelle noch für '96 einwerben können.

Welche Hauptgegenargumente hörten Sie denn?

Können wir uns nicht leisten, junge Betriebe sind organisatorisch noch nicht so weit.

Es wurde Ihnen aber nirgends die Tür vor der Nase zugemacht.

Ich hatte mich ja vorher bei den Leuten angekündigt. Bei dem Floristen bin ich einfach so vorbei. Da stand ich vor dem Laden und dachte: So ein nettes Geschäft, Floristen werden immer gesucht, vor allem von Mädchen.

Was wurde Ihnen gesagt?

Ich bekam die Auskunft, daß man schon mal ausgebildet hatte, aber nicht mehr will, weil die Berufsschule – und solche Klagen kommen häufiger von Arbeitgebern – ausgerechnet zu diesen Saisonzeiten, also Weihnachten und Muttertag, dann Blockunterricht macht. Das heißt, daß die Mädchen dann vierzehn Tage oder drei Wochen einfach fehlen.

Wie gehen Sie dieses Berufsschulproblem, das ja offensichtlich schon länger bekannt ist, nun an?

Ich habe meinem Chef gesagt, daß man in den entsprechenden Gremien, also bei der Kammer oder auch in den Berufsschulen selbst, auf den Abbau solcher organisatorischer Hemmschwellen drängen muß.

Wie erfahren denn jetzt die Jugendlichen, die eine Lehrstelle suchen, von den Ergebnissen? Ihre KollegInnen haben ja auch einige freie Ausbildungsplätze ausgemacht.

Die Jugendlichen, die an einen solchen Ausbildungsplatz gedacht haben, werden von uns angeschrieben und können sich bewerben.

Und diejenigen, die keine Post bekommen?

Die sollten sich erkundigen, was es für Möglichkeiten an Lehrgängen für sie gibt. Die sind allerdings für '96 auch schon voll. Fragen: sip

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen